Ist das Belegesammeln reine Schikane?

Kassen verlangen von ihren Versicherten, die sich von der Zuzahlung befreien lassen wollen, nicht nur Belege über alle geleisteten Zahlungen – nein, diese müssen auch noch mit den Namen des Versicherten versehen sein. So wollen es die Kassen. Doch warum eigentlich? Schließlich wissen sie doch ohnehin über jede geleistete Zuzahlung Bescheid. Die unnötige Zettelflut macht allen Beteiligten Arbeit und erweckt den Eindruck, dass man es den Patienten nur möglichst schwer machen will, findet DAZ.online-Chefredakteurin Julia Borsch.  

Wer sich von der Zuzahlung befreien lassen möchte, hat mehrere Möglichkeiten: Entweder er überweist gleich zu Jahresbeginn die Summe, die seiner individuellen Belastungsgrenze entspricht, und erledigt somit alle Zuzahlungen auf einmal. Das ist für Patienten, die wissen, diese Grenze sicher zu erreichen, sicherlich die bequemste Variante, erfordert aber natürlich auch diese Summe auf einmal zur Verfügung zu haben. Eine Alternative ist die Kundenkarte der Stammapotheke, die einem jederzeit eine Übersicht über die geleisteten Zuzahlungen zur Vorlage bei der Kasse ausdruckt. Und Variante Nummer drei: Man sammelt in bester Eichhörnchenmanier fleißig Belege bis die Belastungsgrenze erreicht ist und beantragt dann damit die Befreiung. Diese Belege erkennt die Kasse allerdings nur an, wenn sie mit dem Namen des Versicherten versehen sind. 

Im Zusammenhang mit der Bonpflicht und möglichen Datenschutzbedenken ist die Diskussion aufgekommen, ob es wirklich eine Rechtsgrundlage für diese Forderung der Kassen gibt. Die Apothekerkammer Berlin kann diese jedenfalls nicht erkennen. Die Kassen erklären hingegen, dass sie wissen müssen, für wen eine Zuzahlung angefallen ist. Der Grund für die Personalisierung liege darin, den Missbrauch von Leistungen zu verhindern, erklärt beispielsweise eine Sprecherin der TK.

Die Kasse weiß alles

Die Sache ist nur: Warum eigentlich der Aufwand? Die Kassen wissen doch ohnehin genau, für wen eine Zuzahlung angefallen ist. Bei vielen Kassen kann man sich als Versicherter sogar leicht selbst ein Bild davon machen, bei der TK zum Beispiel über die App. Dort findet man alle Verordnungen der letzten Jahre, inklusive Preis, geleisteter Zuzahlung und sogar der Apotheke, in der das Rezept eingelöst wurde. Dass die Kasse auf diese Informationen nicht zugreifen kann, ist mehr als unwahrscheinlich. Das heißt, bei einem nicht personalisierten Bon wäre es ein Leichtes zu sehen, ob die betreffende Person wirklich zugezahlt hat. Doch selbst das ist eigentlich überflüssig. Denn auch ohne jeglichen Bon kennt die Kasse jede Zuzahlung. Ein Hinweis des Patienten, dass die Belastungsgrenze erreicht ist, könnte also eigentlich ausreichend sein. (Noch schöner wäre natürlich ein Hinweis der Kasse, dass die Zuzahlungen sich auf so und so viele Euro belaufen und, wenn das Haushaltseinkommen unter einer bestimmten Summe liegt, die Belastungsgrenze jetzt erreicht sei. Aber soweit wollen wir mit den Wünschen jetzt nicht gehen.)

Warum dann dieser Aufwand? Arbeitsersparnis oder abwälzen der Arbeit auf die Apotheken, die diesen Wunsch umsetzen, kann es kaum sein. Schließlich muss man davon ausgehen, dass die bergeweise eingereichten Bons kontrolliert und archiviert werden müssen. Aus den gespeicherten Daten hingegen ließen sich die geleisteten Zuzahlungen einfach per Mausklick und somit deutlich leichter ermitteln. Daher liegt der Verdacht nahe, dass es den Patienten möglichst schwer gemacht werden soll, die Zuzahlungsbefreiung zu beantragen.Und das ist von allen möglichen Gründen für den Bonwahn wohl der schlechteste. 

Quelle: Den ganzen Artikel lesen