Asoziale Trittbrettfahrer: Jetzt spricht der Arzt, der eine Impfgegnerin aus der Praxis warf

Seit er eine Impfgegnerin aus der Praxis geworfen hat, interessiert sich ganz Deutschland für einen Allgemeinmediziner aus dem ostfriesischen Leer. Er freut sich über die Aufmerksamkeit für sein Anliegen: eine allgemeine Impfpflicht. Hier sieht er Gesundheitsminister Spahn in der Pflicht.

Christoph Seeber hat eine Hausarztpraxis in der ostfriesischen Kleinstadt Leer und er hat eine Mission: Menschen von der Wichtigkeit von Impfungen zu überzeugen. Impfverweigerer belegt er dabei durchaus mit drastischen Worten wie „asoziale Trittbrettfahrer“ oder „Schmarotzer“, die sich ihre Gesundheit auf Kosten derer holen, die geimpft sind. Und er will sie in Zukunft auch nicht mehr als Patienten in seiner Praxis sehen.

„Zu den drastischen Formulierungen stehe ich auch“, sagt er im Gespräch mit FOCUS Online. Nachrichten über Masern-Epidemien in Madagaskar, rasant gestiegene Krankenzahlen in der Ukraine und Masernausbrüche an deutschen Schulen machen ihn wütend. Und wenn die WHO Impfgegner als Bedrohung der Weltgesundheit bezeichnet, postet er das auf seiner Facebook-Seite. Aus Überzeugung.

Facebook-Post rief Medien auf den Plan

Als er dort neulich auch erwähnte, dass er strikte Impfgegner wie eine Patientin, die er seit Kindertagen betreut hat, nicht mehr in seiner Praxis behandeln würde, regte sich das erste lokale Medieninteresse.

Richtig Fahrt aufgenommen hat die Sache, als der „Weser Kurier“ den Rausschmiss einer Mutter mit Kind aus Seebers Praxis aufgriff für ein Stück über Impfverteidiger und Impfgegner. Seeber erklärt die Sache FOCUS Online gegenüber so: „Die Frau kam mit dem zweijährigen Kind direkt vom Kinderarzt, wo hochansteckender Keuchhusten diagnostiziert wurde. Von mir wollte sie nur ein Antibiotikum für sich selbst, damit sie sich nicht ansteckt. Ich habe es ihr verordnet und dann gebeten, nie wieder zu kommen.“

Mit Impfverweigerern will er nicht mehr diskutieren

Er könne und wolle mit Impfverweigerern auch nicht mehr diskutieren. „Sie sind meinen Argumenten ebenso wenig zugänglich wie Leute, die glauben, die Erde sei eine Scheibe.“ So sei etwa die Behauptung, Impfungen wären an Autismus schuld, nicht tot zu kriegen. Dabei sei die zugrunde liegende Studie längst als Fälschung entlarvt und die Aussage widerlegt.

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Besonders ärgert sich Christoph Seeber, wenn Impfbefürworter wie er von den Gegnern als „Büttel der Pharmaindustrie“ bezeichnet würden. „Ich empfange keine Pharma-Referenten, ich nehme keine Geschenke an, ich gehe nicht mal zu gesponsorten Fortbildungen. Ich stecke ganz bestimmt nicht mit der Pharmaindustrie unter einer Decke.“

Er zwinge seinen Patienten keine Impfung auf, aber er spreche das Thema bei jeder U-Untersuchung, bei jedem Check-up und bei jeder Verletzung an. „Inzwischen hat sich meine Haltung schon herumgesprochen. Hardcore-Impfgegner kommen schon gar nicht mehr in meine Praxis.“

Zustimmung von Patienten und Kollegen

Von seinen Patienten hat Dr. Seeber jedenfalls viel Zuspruch für seine Aktion bekommen, wie er sagt. Und auch Mediziner-Kollegen aus ganz Deutschland hätten überwiegend positive E-Mails geschickt. „Da wurde höchstens Kritik an meinen Formulierungen von den ‚Schmarotzern‘ geübt.“ Aber so sehe er den Egoismus von Impfverweigerern nun mal, die davon profitieren, dass alle anderen sich impfen lassen.

Für ihn steht fest, dass das Dilemma nur durch die Wiedereinführung der Impfpflicht gelöst werden könne. „Ich sehe da unseren Gesundheitsminister Spahn in der Pflicht.“

Ein Polio-Fall hat ihn vollends von Impfungen überzeugt

Seeber erzählt im Gespräch noch von dem Erlebnis, das ihn zum Befürworter der Impfpflicht gemacht hat: „Ich musste 1992 als Assistenzarzt in Erlangen mit ansehen, wie ein Mann schwerst behindert blieb, nachdem er sich im Ägyptenurlaub mit dem Polio-Erreger angesteckt hatte. Alles nur, weil er nicht geimpft war.“

Ob er wegen des Entschlusses, eine bestimmte Gruppe von Patienten von der Behandlung auszuschließen, Ärger mit der Kassenärztlichen Vereinigung bekommt, weiß er noch nicht. „Bisher hat sich keiner gemeldet.“ Er sieht sich auch auf der sicheren Seite: „Ein Arzt muss die Behandlung bei fehlendem Vertrauensverhältnis nicht fortsetzen. Und dieses Vertrauen fehlt zwischen allen, die Impfungen kategorisch ablehnen und mir.“

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