Gehen – (fast) wie von alleine

Laufen und sich dabei kaum anstrengen – mit einem speziellen Exoskelett ist das jetzt möglich. Die Gehhilfe kann sich dem jeweiligen Träger anpassen und so den Energieaufwand für die Fortbewegung minimieren.

Allein durch Unterstützung der Fußgelenke senkt das Exoskelett den Energieverbrauch um rund ein Drittel, berichten Forscher um Steven Collins von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh (US-Staat Pennsylvania) in der Fachzeitschrift „Science“. Das von ihnen entwickelte Gerät bietet vielfältige Nutzungsoptionen – vor allem in der Medizin, aber auch beim Militär oder bei der Feuerwehr.

„Seit mehr als einem Jahrhundert haben Erfinder und Wissenschaftler Exoskelette und aktive Prothesen entwickelt, um die menschliche Bewegungsleistung zu verbessern, insbesondere hinsichtlich der Energieeinsparung“, schreiben die Forscher. Die Fortschritte seien zwar beachtlich, aber die Systeme sehr aufwendig in der Entwicklung und Anwendung. Collins und Kollegen entwickelten deshalb ein „lernendes“ System, das die Unterstützung je nach Gangart genau dosiert.

In der Studie liefen elf Teilnehmer mit der Gehhilfe zunächst an nur einem Bein auf einem Laufband. Dabei maßen die Forscher die Atmung und berechneten daraus den Stoffwechselumsatz, also die zum Laufen benötigte Energie.

Darüber hinaus erfasste das Exoskelett vier Merkmale einzelner Schritte: die aufgewendete Kraft im Fußgelenk, die Zeit vom Beginn eines Schritts bis zu dessen Maximum sowie die Zeit für das Ansteigen und Abfallen der Kraftkurve.



Der Beginn dieses Kurvenanstiegs schwankte sehr stark: Bei manchen fing er nach einem Sechstel (17 Prozent) der für einen Schritt benötigten Zeit an, bei anderen erst nach gut einem Drittel (37 Prozent).

Daraus errechnet der Computer im Exoskelett jene Elektromotorkraft, die das Fußgelenk so unterstützt, dass der Aufwand des Trägers minimiert wird. So sparten die Teilnehmer, die das Gerät an einem Bein trugen, im Mittel 24 Prozent Energie, wenn man das Tragen des Exoskeletts mit ausgeschaltetem Motor und mit eingeschaltetem Motor vergleicht. Da das Tragen des abgeschalteten Exoskeletts etwa zehn Prozent mehr Energie kostet, liegt die Nettoeinsparung bei rund 14 Prozent.

„Diese Einsparung ist etwas besser als die besten Resultate von anderen Gruppen, und das ist beeindruckend, wenn man bedenkt, dass die Forscher nur ein Bein unterstützten“, schreiben Philippe Malcolm von der University of Nebraska in Omaha sowie Samuel Galle und Dirk De Clercq von der Universität Gent in einem „Science“-Kommentar. Das sich anpassende System sehen sie als Fortschritt, denn: „Gehen geschieht im Alltag auf unebenem Gelände bei kurzen Touren mit häufigen Geschwindigkeitsänderungen.“

Collins und Kollegen unternahmen auch Versuche mit Menschen, die das Exoskelett an beiden Beinen trugen. Einer davon sparte bei schnellem Gehen sogar 39 Prozent Energie, insgesamt sank der Verbrauch um etwa ein Drittel. Das Gerät könnte Patienten etwa bei der Rehabilitation nach einer Operation oder bei Lungenproblemen helfen. Zudem könnte die Gehhilfe auch in der Industrie und beim Militär Anwendung finden, etwa zum Heben schwerer Lasten. Auch Feuerwehrleute und Rettungshelfer könnten davon profitieren.

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