Zeckenbiss mit Folgen

Wer sich im Sommer in der Natur aufhält, muss mit einem Zeckenbiss rechnen – und mit der Möglichkeit einer Infektion. Borreliose ist in Deutschland die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung. Anlass zur Panik ist ein Biss aber trotzdem nicht: Das Risiko einer Borreliose ist gering, die Behandlung in der Regel unproblematisch.

Allerdings ist es manchmal eine Herausforderung, die Infektion zu erkennen. Unbehandelt können Borrelien ernsthafte und länger anhaltende Probleme verursachen.

Rasche Entfernung kann Infektion verhindern

Schätzungen zufolge infizieren sich in Deutschland jährlich 60.000 bis 200.000 Menschen über einen Zeckenbiss mit Borreliose. Die Erreger können unter anderem das Nervensystem, Gelenke und die Haut befallen, sehr selten auch das Herz.

Die Erkrankung wird durch verschiedene Arten von Borrelien-Bakterien verursacht, die im Darm der Zecke vorkommen können. Beginnt die Zecke, Blut zu saugen, wandern die Borrelien in ihre Speicheldrüsen und können mit dem Speichel auf den Gebissenen übertragen werden. Bis es dazu kommt, vergehen allerdings mehrere Stunden. Deswegen kann eine rasche Entfernung der Zecke eine Infektion verhindern.

Wichtig zu wissen ist auch: Nur ein kleiner Teil der Zecken enthält überhaupt Borrelien, das ist unter anderem vom Entwicklungsstadium der Tiere abhängig und regional verschieden. „Bei den Larven ist es etwa ein Prozent, bei den Nymphen sind es zehn und bei den erwachsenen Tieren 20 Prozent“, sagt Volker Fingerle vom Nationalen Referenzzentrum für Borrelien in Oberschleißheim. Als Nymphen bezeichnet man junge Zecken.

Übertragung noch nicht gut erforscht

Hinzu kommt, dass längst nicht bei jedem Biss einer infizierten Zecke die Erreger auch auf den Menschen übertragen werden. Und nicht jeder Erreger macht den Gebissenen krank. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts ist bei 0,3 bis 1,4 Prozent der Zeckenbisse später mit einer klinisch feststellbaren Erkrankung zu rechnen. In den meisten Fällen verläuft eine Infektion ohne Krankheitssymptome, der Körper beseitigt die Erreger.

Bislang ist weitgehend unklar, warum die Borrelien nicht immer auf den Menschen übergehen und eine Erkrankung hervorrufen – und wen es gegebenenfalls trifft. Zu den Faktoren, die das Infektionsrisiko beeinflussen, zählen:

  • Welche Art von Borrelie in einer Zecke schlummert,
  • das Immunsystem des Wirtes und
  • seine gegenwärtige Abwehrkraft.

„Biologisch ist das alles ein sehr komplexer Vorgang, der bisher nur unzureichend verstanden ist“, sagt Fingerle.

Hautrötung, Muskelschmerzen, Lähmungen

Wenn es zu einer Infektion kommt, zeigt sich diese in etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle auf der Haut: Um die Bissstelle herum tritt einige Tage oder Wochen nach dem Biss eine ringförmige Rötung auf. Diese wird auch Wanderröte genannt, weil sie sich langsam nach außen ausbreitet.

Manchmal kommen grippeähnliche Symptome dazu wie Muskel- und Gelenkschmerzen oder Fieber. Wer nach einem Zeckenbiss solche Symptome feststellt, sollte zum Arzt gehen, der die Infektion abklären und mit Antibiotika behandeln kann.

Bei etwa zehn Prozent der Infektionen kommt es zum Befall des Nervensystems. Fachleute sprechen dann von einer frühen Neuroborreliose. „Dabei kann es aufgrund der Entzündung der Gesichtsnerven zu einer Gesichtslähmung kommen“, erklärt Sebastian Rauer vom Universitätsklinikum Freiburg.

Häufig sind auch die Spinalnerven des Rückenmarks betroffen. Das verursacht teils heftige, brennende und stechende Schmerzen, die gürtelförmig verlaufen. Diese treten laut Rauer vor allem nachts auf und sprechen auf Schmerzmittel kaum an. Im weiteren Verlauf kann es zu Lähmungen an Beinen und Armen kommen.

„Auch diese Form der Erkrankung ist mit einer zwei- bis dreiwöchigen Antibiotika-Therapie gut zu behandeln“, sagt Rauer. „Es kommt zu einer raschen Linderung der Beschwerden, die Erkrankung heilt in den allermeisten Fällen folgenlos aus.“

Schwierige Diagnose

Wird die Infektion lange übersehen, kann es zu einer späten Neuroborreliose kommen. Die Bakterien befallen das Rückenmark und das Gehirn, zu den Folgen zählen Lähmungen und Blasenstörungen. Auch dieses Stadium der Erkrankung ist mit Antibiotika zu behandeln. „In diesem Fall heißt das, dass man die Krankheit zumindest stoppen und ein weiteres Fortschreiten verhindern kann,“ sagt Rauer, jedoch blieben in diesem Stadium die Beschwerden häufig bestehen.

Schwierigkeiten bereitet gelegentlich die Diagnose der Erkrankung, „obwohl sie eigentlich allein aufgrund der Symptome möglich ist“, sagt Rauer. Es könne aber passieren, dass Patient oder Arzt aufgrund der Beschwerden zunächst an andere Erkrankungen denken. Die Rückenschmerzen könnten etwa auf einen eingeklemmten Nerv hinweisen und dann eine orthopädische – und in dem Fall wirkungslose – Therapie nach sich ziehen.

Umgekehrt müsse Borreliose häufig als Diagnose für andere Erkrankungen herhalten, sagt Volker Fingerle vom Referenzzentrum für Borrelien. „Viele Menschen fehlinterpretierten ihre Symptome.“ Die eindeutige Diagnose könne im Einzelfall knifflig sein, es gebe extrem schwierig zu beurteilende Fälle. „Aber die sind selten,“ sagt Fingerle.

Andere von Zecken übertragbare Krankheiten treten in Deutschland deutlich seltener auf. Dazu zählen unter anderem die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und die Humane Granulozytäre Anaplasmose.


Beißen oder stechen? Anmerkung der Redaktion

Gern wird diskutiert, ob Zecken beißen oder stechen. Da sie die Haut mit ihrem Mundwerkzeug öffnen und sich darin festhaken, um anschließend mit einer Art Saugrüssel das Blut aufzusaugen, sind beide Bezeichnungen denkbar. Wir haben uns nach Gesprächen mit Zeckenforschern für das Beißen entschieden, das RKI spricht dagegen lieber vom Zeckenstich.

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