Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist ein Jahr im Amt

Als „Gesundheitsminister der Herzen“ bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz vor genau einem Jahr Karl Lauterbach bei seinem Amtsantritt im Kabinett der Ampel-Koalition. In wessen Herzen er sich genau befindet bzw. welche er noch zu erobern versucht, ist jedoch aus heutiger Sicht nicht so klar. Wegen seiner Corona-Maßnahmen wird er zum Teil massiv angefeindet. Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat er sich bei Apothekern, Ärzten und in den Pharmaverbänden sicher keine Freunde gemacht. Darauf legt es der SPD-Politiker aber auch gar nicht an.

Vor seinem Amtsantritt galt er als einer der gefragtesten und zum Teil auch beliebtesten Corona-Erklärer der Nation. Karl Lauterbach klapperte die Talkshows ab und gab Interviews am laufenden Band, um vor den Auswirkungen des Virus zu warnen. Inzwischen hat sich nicht nur die Pandemiedynamik weiterentwickelt, sondern auch das öffentliche Bewusstsein. 

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Lauterbach wird trotzdem nicht müde zu mahnen, dass es zu einer „Winter-Welle“ kommen könnte und voreilige Lockerungen aus seiner Sicht gefährlich sind. Doch die Menschen merken, dass es gesundheitspolitisch inzwischen an viel mehr Stellen brennt als nur bei der Bewältigung der Pandemie. Arzneimittellieferengpässe werden immer spürbarer, die Kliniken ächzen unter Personal- und Bettenmangel und bei der Digitalisierung schaffen es die ärzt­lichen Standesvertretungen – also Lauterbachs Berufskollegen – immer wieder dem E-Rezept und Co. Steine in den Weg zu legen. Schützenhilfe erhalten sie dabei mitunter von den Datenschützern.    

Kritik an Führung und Inhalten

Doch ist Lauterbach in der Lage, auch all diese anderen Themen in seinem Ressort erfolgreich abzuarbeiten? Anfang dieser Woche hörte man deutliche Worte aus der eigenen Koalition: Wolfgang Kubicki, stellvertretender FDP-Vorsitzender, übte gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ scharfe Kritik am Minister und warf ihm Schwäche bei der Leitung seines Hauses vor: „Ich gehe, ehrlich gesagt, nicht davon aus, dass Karl Lauterbach als Gesundheitsminister die ganze Legislaturperiode im Amt bleibt“, so Kubicki. 

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Die SPD sei selbst „komplett genervt“ von Lauterbach. „Wenn Sie sich bei Mitarbeitern seines Hauses umhören, ist die Frustration nicht mehr zu toppen.“ Die Leute fragten, welchen Twitterkanal sie denn nutzen müssten, um zu wissen, was der Minister will. Der „Spiegel“ hatte Mitte November über die Unzufriedenheit der Ministeriumsmitarbeiter berichtet. „Lauterbach verzettelt sich. Er kann das Haus nicht führen“, kritisiert der FDP-Vize.

Auch aus Apothekersicht herrschen im Zusammenhang mit Karl Lauterbach so einige Ungereimtheiten. Der Minister sprach von „Effizienzreserven“. Wo diese sich in den Betriebsabläufen der Apotheken genau befinden, verriet er jedoch nicht. Für die nächsten zwei Jahre müssen die Apotheken trotzdem auf 240 Millionen Euro Honorar zugunsten des GKV-Systems verzichten. Auch die pharmazeutischen Hersteller sind von Milliarden-Einsparungen betroffen.

Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ brüstete sich Lauterbach jüngst als jemand, der „Lobbyisten abtropfen lasse“. Entscheidend sei, dass die Dinge passieren, die notwendig sind, wird der Minister zitiert und ironisch als „Dr. No“ bezeichnet.

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In der Talkshow von Markus Lanz ließ er sich Anfang November darüber aus, dass er Vertretern der Pharmaindustrie keinen Glauben schenkt, wenn sie ihn vor weiteren Einsparungen im System warnten und ankündigten, in Fernost zu produzieren. Im Hinblick auf knappe Fiebersäfte und innovative Krebstherapeutika behauptete er: „All diese Wirkstoffe könnten wir mühelos in Europa herstellen“. Die Preise würden sich nur um kleine Cent-Beträge erhöhen. Seine Aussage führte zur Verwunderung beim Moderator und den anwesenden Gästen. Auf DAZ-Anfrage antwortete die Pressestelle des Ministeriums, man bitte um Verständnis, dass Aussagen des Ministers grundsätzlich nicht kommentiert werden.  

Ob die aktuelle Legislaturperiode mit oder ohne Lauterbach im Ministeramt endet, sei mal dahingestellt. Fest steht, gesundheitspolitisch müssen deutlich mehr Projekte erfolgreich abgeschlossen werden als nur die von SPD, FDP und Grüne proklamierte Cannabis-Legalisierung.

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