Ernährung für Kinder: Ist eine vegetarische oder vegane Kost empfehlenswert? – Heilpraxis

Fleischlose Ernährung bei Kindern: Was ist zu beachten?

Der Fleischkonsum in unserer Gesellschaft ist insgesamt deutlich zu hoch und immer mehr Menschen verzichten daher bewusst auf Fleisch. Auch bei Kindern wächst der Anteil mit vegetarischer und veganer Ernährung. Inwiefern eine fleischlose Ernährung für Kinder geeignet ist und welche Details dabei zu beachten sind, erläutert die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Mitteilung.

Die Zahl der Menschen, die bewusst auf Fleisch verzichten, ist in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen. Die Stiftung Kindergesundheit ist daher der Frage nachgegangen, ob die Ernährung ohne Fleisch auch für Kinder geeignet ist. „Ja, bei einer ausgewogenen, pflanzenbetonten Ernährung ist das nachweislich der Fall“, so das Fazit der Stiftung. Allerdings müssen unter Umständen bestimmte Nährstoffe gezielt zugeführt werden, „damit keine Mängel entstehen und eine normale Entwicklung gewährleistet ist“, betont die Stiftung Kindergesundheit.

Unabhängig davon, ob aus ethischen oder aus gesundheitlichen Gründen auf Fleisch verzichtet wird, biete diese Entscheidung verschiedene Vorteile. „Die vegetarische Ernährung entspricht vielen Empfehlungen der modernen Ernährungswissenschaft: Sie ist in aller Regel weniger energiereich, bringt also weniger Kalorien auf die Waage. Sie enthält eine geringere Menge an den ungünstigen gesättigten Fettsäuren, an Cholesterin und tierischem Eiweiß, dafür mehr an Ballaststoffen und den gesundheitlich vorteilhaften Antioxidantien“, fasst die Stiftung Kindergesundheit zusammen.

Ausreichende Nährstoffzufuhr beachten

Bei Kindern ist allerdings der Nährstoffzufuhr besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Denn viele Nährstoffe sind nur in Fleisch, Fisch oder Eiern in nennenswerter Menge enthalten, so dass hier unter Umständen ein Mangel droht, der die Entwicklung der Kinder beeinträchtigen könnte.

Zwei wichtige Prinzipien gilt es bei der Ernährung von Kindern zu beachten, betont Professor Dr. Berthold Koletzko von der Ludwig-Maximilians-Universität München, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit.

Hier sei es wichtig, dass vegetarisch und vegan lebende Familien sich sehr genau über den Nährstoffbedarf heranwachsender Kinder und Jugendlicher informieren und gegebenenfalls bestimmte Nährstoffe gezielt ergänzen. Zunächst ist dabei auch zwischen den verschiedenen Formen der fleischlosen Ernährung zu unterscheiden. Beispielsweise bestehe bei vegetarischen Familien, die ihre pflanzliche Kost mit Milch, Milchprodukten und Eiern ergänzen („Lakto-ovo-vegetarier“) keine Gefahr eines Mangels, wenn die Kost insgesamt ausgewogen zusammengesetzt wird, so die Stiftung Kindergesundheit.

Ebenso könne die „lakto-vegetarische“ Ernährung, bei der zusätzlich auf den Verzehr von Eiern verzichtet wird, eine vollwertige Kost sein. Laut Professor Koletzko haben Kinder, die nach diesen Prinzipien ernährt werden, hinsichtlich ihres Wachstums und ihrer Entwicklung keine Beeinträchtigungen zu befürchten. „Eine derartige Ernährung im Kindesalter ist nicht nur möglich, sondern besitzt sogar schützende Effekte vor der späteren Entwicklung von Fettsucht, Herzinfarkt und Diabetes“, betont der Experte.

Drohender Nähstoffmangel bei veganer Ernährung

Bei strikter veganer Ernährung (Verzicht auf sämtliche tierischen Produkte) der Kinder könne die Situation indes kritisch werden, da bei einem Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin), Eisen, Eiweiß und Spurenelementen Beeinträchtigungen der Entwicklung drohen. So bleiben manche Kinder im Wachstum hinter dem Durchschnitt zurück und holen den entstandenen Längenunterschied auch später nicht mehr auf, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Mit der Wachstumsverzögerung gehe eine verspätete Entwicklung der Motorik und der Sprache einher.

Schlimmstenfalls drohen schwere Entwicklungsstörungen und je spartanischer die Lebensmittelauswahl, desto größer die Gefahr von Defiziten, resümiert die Stiftung Kindergesundheit. Beispielsweise sei „Vitamin B12 lebensnotwendig für die DNA-Synthese und für die Zellteilung“, erläutert Professor Koletzko. Da dies fast nur in Nahrungsmitteln tierischer Herkunft vorkomme, werde es leicht zum kritischen Punkt bei veganer Ernährung.

Ein Vitamin-B12-Mangel „führt zu Störungen der Blutbildung und in schweren Fällen zur Degeneration von Nerven und zur Hirnatrophie“, berichtet Professor Koletzko weiter. „Besonders Familien, die sich vegan ernähren, sollten sich intensiv diätetisch und medizinisch beraten lassen, um Gefahren für ihr Kind vorzubeugen und eine ungestörte Entwicklung zu ermöglichen“, empfiehlt der Experte.

Bei einer vollwertigen vegetarischen Ernährung sollten reichlich Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Ölsaaten enthalten sein, um eine ausreichende Versorgung mit den Vitamine B1, B6 und B12, sowie mit Eisen, Zink, Jod und Omega-3-Fettsäuren sicherzustellen, betont die Stiftung Kindergesundheit.

Studie zeigt Vorteile fleischloser Ernährung

Welche Vorteile die fleischlose Lebensweise bieten kann, sei in der sogenannten VeChi-Youth-Studie, vorgestellt im 14. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), deutlich geworden. „Vegane und vegetarische Kinder essen in vieler Hinsicht gesünder: Sie verzehren mehr Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse“, so die Stiftung Kindergesundheit.

Die Kinder mit veganer Ernährung zeigten zudem den geringsten Verzehr von Süßwaren, Knabberartikeln und Fertiggerichten, bei gleichzeitig besonders hoher Ballaststoffzufuhr sowie geringerer Aufnahme von zugesetztem Zucker und gesättigten Fettsäuren.

Bezüglich der Nährstoffversorgung der Kinder und Jugendlichen habe es zwischen veganer Ernährung, vegetarischer Ernährung und omnivorer Ernährung (Fleischkonsum eingeschlossen) nur geringe Unterschiede gegeben. „Auch Kinder und Jugendliche, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, sind heute mit den Hauptnährstoffen sowie den meisten Vitaminen und Mineralstoffen ausreichend versorgt“, betont die Stiftung Kindergesundheit.

Bei veganer oder vegetarischer Ernährung sei jedoch etwas häufiger eine knappe Eisenversorgung festzustellen und kritisch war bei vielen Kindern die Nährstoffversorgung mit Vitamin B2, Vitamin D, Jod und Calcium, was jedoch für alle drei Ernährungsformen galt, berichtet die Stiftung Kindergesundheit von den Ergebnisse der VeChi-Youth-Studie.

Die Versorgung mit Vitamin B12 (Cobalamin) habe hingegen bei allen drei Ernährungsformen überwiegend im Normbereich gelegen – auch bei veganer Ernährung. Dies sei vermutlich darauf zurückzuführen, „dass 88 Prozent der vegan ernährten Kinder, wie empfohlen, Nährstoff-Supplemente bzw. nährstoffangereichter Lebensmittel einnahmen und dadurch ausreichend versorgt waren.“

Die Stiftung Kindergesundheit merkt allerdings an, dass die Ergebnisse der Studie nur eingeschränkt aussagekräftig seien, da die Studienteilnehmenden nicht repräsentativ für die deutsche Bevölkerung waren. Beispielsweise habe der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder in der Studie deutlich geringer gelegen als in der repräsentativen Studie „KiGGS“. Der Unterschied zwischen Studie und Wirklichkeit sei vermutlich durch den hohen sozioökonomischen Status der an der VeChi-Youth-Studie beteiligten Familien bedingt.

Steigender Anteil mit fleischloser Ernährung

„Im Rahmen der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland KiGGS wurde ermittelt, dass knapp zwei Prozent der über dreijährigen Jungen und gut drei Prozent der gleichaltrigen Mädchen kein Fleisch, Geflügel oder Wurst essen“, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Bei den 14- bis 17-Jährigen seien es rund zwei Prozent der Jungen und sechs Prozent der Mädchen. Im zeitlichen Verlauf sei dabei eine deutliche Zunahme der fleischlosen Ernährungsformen festzustellen. (fp)

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