Herzrhythmusstörungen: Therapieeffekt durch Atemfrequenz voraussagbar – Heilpraxis

Therapieeffekt bei Herzkranken voraussagbar

Herzrhythmusstörungen sind sehr häufig – vor allem bei älteren Menschen und Personen, die bereits eine andere Herzerkrankung haben. Dann müssen sie auch in den meisten Fällen behandelt werden. Forschende berichten nun, dass der Therapieeffekt durch die Atemfrequenz vorausgesagt werden kann.

Wie die Technische Universität München (TUM) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, zählen Herzrhythmusstörungen zu den häufigsten Herzerkrankungen. Eine Studie unter der Leitung von Prof. Georg Schmidt von der TUM zeigt nun erstmals auf, dass die nächtliche Atemfrequenz bei einer wichtigen Vorhersage helfen kann: Sie zeigt an, ob ein Defibrillator bei Personen mit Herzrhythmusstörungen lebensverlängernd wirkt oder nicht.

Nutzen der Defibrillator-Therapie

Den Angaben zufolge ist der plötzliche Herztod eine der häufigsten Todesursachen in westlichen Industrienationen. Durch die Implantation eines Kardioverter-Defibrillators (ICD) kann er verhindert werden. Dieser erkennt automatisch gefährliche Rhythmusstörungen und beendet sie dann durch Stromimpulse.

Die Leitlinien empfehlen die Implantation eines ICDs bei Patientinnen und Patienten mit einer deutlich eingeschränkten Pumpfunktion der linken Herzkammer. Laut dem Deutschen Herzbericht wurden 2018 mehr als 42.000 Defibrillatoren in Deutschland implantiert.

Der Effekt der Implantation des ICDs ist aber mitunter fraglich. Auch der aktuelle Herzbericht der Deutschen Herzstiftung merkt kritisch an, dass der Nutzen der Defibrillator-Therapie nicht so ausgeprägt sei, wie bisher angenommen wurde. Zudem stehen dem Nutzen gegenüber nicht selten Komplikationen beim oder nach dem Einsetzen des Implantats.

Nächtliche Atemfrequenz

Forschende der TUM haben jetzt gezeigt, dass die bislang wenig beachtete nächtliche Atemfrequenz der Herz-Patientinnen und -Patienten als Prädiktor für den Erfolg einer ICD-Behandlung herangezogen werden kann.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachteten zwischen Mai 2014 und September 2018 insgesamt 1.971 Herzkranke in 44 europäischen Herzzentren. 1.363 der Erkrankten bekamen einen Kardioverter-Defibrillator implantiert, die Kontrollgruppe wurde konservativ behandelt.

Der Mitteilung zufolge waren die jeweiligen Behandlungsvarianten durch die unterschiedlichen Verfügbarkeiten der ICD-Therapie in den teilnehmenden europäischen Zentren vorgegeben. Es handelt es sich demnach also um eine nicht randomisierte Studie, wobei dadurch ausgelöste Verzerrungen der Ergebnisse durch ausgefeilte statistische Analysemethoden ausgeglichen wurden. Die Studie erschien nun im „eClinicalMedicine“-open-access Journal der renommierten Fachzeitschrift „Lancet“.

In beiden Gruppen maßen die Forscherinnen und Forscher die durchschnittliche nächtliche Atemfrequenz zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens auf Basis eines EKG-Protokolls. Die Defibrillator-Trägerinnen und -Träger hatten einen Überlebensvorteil von 31,3 Prozent gegenüber den Kontrollpatientinnen und -patienten.

Zugleich zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen niedriger nächtlicher Atemfrequenz sowie einer reduzierten Sterblichkeit: ICD-Trägerinnen und -Träger mit einer Frequenz von weniger als 18 Atemzügen pro Minute hatten durch das Gerät einen Überlebensvorteil von 50 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe. Bei einer höheren nächtlichen Atemfrequenz hatten sie durch den ICD hingegen keinen Überlebensvorteil.

Vernachlässigtes Biosignal

„Die Atemfrequenz ist ein Biosignal, das bislang in der Kardiologie weitgehend ignoriert wurde“, so Prof. Georg Schmidt, Leiter der Arbeitsgruppe Biosignalverarbeitung am Klinikum rechts der Isar der TUM und Letztautor der Studie.

„Unsere Erkenntnisse rücken diesen Parameter nun wieder in den Fokus.“ Die wissenschaftliche Studie belege die prädiktive Aussagekraft der Atemfrequenz für den Therapieeffekt. „Gerade in Grenzfällen kann ein Blick auf die Atemfrequenz die Therapieentscheidung erleichtern.“

Randomisierte Untersuchung angestrebt

Vor diesem Hintergrund hält es der Experte, der auch der Ethikkommission der TUM vorsitzt, für vertretbar, im nächsten Schritt eine randomisierte Untersuchung gegen die etablierten Leitlinien anzustreben.

„Dabei würden jene Patienten, bei denen wir in unserer Studie keinen Benefit durch die ICD-Implantation beobachtet haben, in zwei Gruppen geteilt. Während die eine Gruppe einen ICD implantiert bekommt, wird die andere konservativ behandelt“, erläutert Prof. Schmidt.

„Wenn sich in einer solchen randomisierten Studie zeigt, dass Herzpatienten mit hoher nächtlicher Atemfrequenz nicht von der ICD-Implantation profitieren, könnte diesen in Zukunft der Eingriff erspart werden.“ (ad)

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