Impfung oder Kündigung: Tausende Amerikaner geben aus Protest ihren Job auf

Das Oberste Gericht hat eine Impfpflicht in den USA gestoppt. Viele große Unternehmen stellen ihre Beschäftigen jetzt trotzdem vor die Wahl: Impfung oder Kündigung. Tausende Amerikaner geben lieber ihren Job auf, als sich zu fügen. Könnte das auch in Deutschland passieren?

Sarah N. liebt ihren Job, gekündigt hat sie ihn trotzdem. Sie arbeitete in einem Krankenhaus in New York, genau wie ihr Mann, beide pflegten in der Pandemie hunderte Patienten, wie sie sagt. Doch als der ehemalige Gouverneur Andrew Cuomo im August verkündete, dass für Angestellte im medizinischen Bereich ab Herbst eine Impfpflicht gelten sollte, da reichte sie lieber ihre Kündigung ein. "Ich hatte bereits Covid", sagt sie. "Deshalb halte ich eine Impfung für nicht notwendig. Aber vor allem möchte ich nicht, dass sie mir von der Politik auferlegt wird." Also entschied sie sich, zu kündigen, New York zu verlassen, und mit ihrem Mann und ihrem dreijährigen Sohn in den Süden der USA zu ziehen. Dort gelten die Corona-Regeln der Republikaner. Heißt: Es gelten überwiegend gar keine Corona-Regeln.

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Eine USA-weite Impfpflicht für Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten hat der Oberste Gerichtshof zuletzt gestoppt. Mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten hatten gegen diese Corona-Vorschrift der Biden-Regierung geklagt. Mehr als 80 Millionen Menschen wären in den USA davon betroffen gewesen. Auch die Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, ist mit dem Gerichtsurteil vorerst auf Eis gelegt. Eigentlich sollte die Regelung sollte auch als Anreiz für Angestellte dienen, sich doch noch impfen zu lassen. Denn in den USA sind nur knapp 63 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft,

Konservative blockieren Corona-Vorschriften in den USA

Eine Impfpflicht ist in den USA wie auch in Deutschland höchst umstritten. Sie durch den Kongress zu bekommen scheint unmöglich, direkt vom Präsidenten verabschiedete Regelungen werden von den Republikanern juristisch angegriffen, der mehrheitlich konservative Oberste Gerichtshof bereitete der geplanten Impfpflicht nun ein Ende. Getty Images US-Präsident Joe Biden bei einem Corona-Call mit Gouverneuren.

Dabei hatten viele große Unternehmen eine solche Impfpflicht unterstützt. Denn damit hätte die Verantwortung für das Einführen von harten Corona-Maßnahmen am Arbeitsplatz nicht mehr bei ihnen gelegen.

Unternehmen fordern Impfung – oder Kündigung

Eine ganze Reihe von Firmen hat trotzdem eine Impfpflicht eingeführt. United Airlines ist darunter, Google und die Großbank Citigroup. Angestellte der Citigroup hatten bis zum vergangenen Freitag Zeit sich impfen zu lassen. 99,7 Prozent der Angestellten seien nun geimpft, so die Bank.

Andere Unternehmen, versuchen die Impfquote unter ihren Beschäftigten mit harten Konsequenzen zu steigern. Bei der Fluglinie Delta müssen ungeimpfte Mitarbeiter pro Monat 200 US-Dollar extra in die betriebliche Krankenversicherung einzahlen, was mit den hohen Krankenhauskosten für Covid-Patienten begründet wird. Bei Facebook müssen sich Ungeimpfte vor Betreten des Büros impfen lassen. Wang Ying/Xinhua News Agency/picture alliance Corona-Neuinfektionen steigen in USA auf Rekordniveau

"Mit oder ohne bundesweiter Impfpflicht werden viele Arbeitgeber ihre eigenen Impfmandate erstellen oder unterschiedliche Ansätze entwickeln, um ihre Arbeitnehmer impfen zu lassen", sagte Jeff Levin-Scherz, Assistenzprofessor an der Harvard School of Public Health dem "Wall Street Journal". "Die Impfpflicht funktioniert. Und sie ist erheblich weniger schwierig zu verwalten als Testzentren."

Arbeitnehmer befürworten Impfpflicht

Die Zahl der Unternehmen, die eine Corona-Impfung zur Pflicht macht, steigt. Noch im Mai 2021 gaben nur fünf Prozent der Arbeitnehmer an, dass ihr Arbeitgeber eine Impfung als Bedingung für die Beschäftigung verlangt, im März stieg die Zahl auf 19 Prozent, im September dann auf 29 Prozent, zuletzt lag sie im Oktober bereits bei 36 Prozent.

Die Mehrheit der Arbeitnehmer unterstützen Impfvorschriften, wie Umfrage von Gallup für "SHRM", einer Interessenvertretung für Human Resources, zeigt. 55 Prozent der amerikanischen Beschäftigten mächten demnach eine Impfpflicht am Arbeitsplatz, während 35 Prozent dagegen sind. Die Gegner der Impfvorschrift sind in den vergangenen Monaten kontinuierlich gesunken.

Tausende kündigten wegen Impfung ihren Job

Ähnlich wie künftig auch in Deutschland gibt es jedoch auch in den USA eine Impfpflicht für Angestellte im Gesundheitswesen. Diese hat das Oberste Gericht entgegen der Klagen der Republikaner aufrecht erhalten. Krankenpflegerin Sarah N. glaubt jedoch, das letzte Wort sei dabei noch nicht gesprochen. "Mitten in einer Pandemie können sich die Krankenhäuser nicht erlauben, dass tausende Ärzte und Pfleger wegen der Impfpflicht kündigen."

Und tatsächlich haben viele Krankenhäuser und Pflegeheime mitten in der Omikron-Welle Mühe, die benötigte Personalstärke aufrechtzuerhalten. In New York haben laut Angaben des "Wall Street Journals" rund 37.000 Beschäftigte im Gesundheitswesen ihre Stelle aufgegeben oder ihnen wurde gekündigt, seit der Staat Ende September eine Covid-19-Impfpflicht eingeführt hat, die keine religiösen Ausnahmen zulässt.

Die Mehrheit der Beschäftigten im gesundheitswesen befürwortet jedoch die Impfpflicht, viele von ihnen ermüdet durch die hohe Arbeitsbelastung und die immer neuen Covid-Wellen, vorangetrieben vor allem durch Ungeimpfte. Und auch zwei Gewerkschaften, die Beschäftigte im Gesundheitswesen vertreten, die Service Employees International Union und National Nurses United, unterstützten die Impfpflicht und sagten, es sei eine wichtige Sicherheitsmaßnahme.

Deutsche Kliniken haben ab März eine Impfpflicht

In Deutschland wird es ab dem 15. März eine Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen geben. Dann müssen Beschäftigte in Einrichtungen wie Arztpraxen, Kliniken und Pflegeheimen nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind. Damit sollen Patientinnen, Patienten und Pflegebedürftige besser vor einer Corona-Infektion geschützt werden.

Der Deutsche Pflegerat geht allerdings davon aus, dass diese Impfpflicht noch zu Kündigungen führen werde. Dies betreffe weniger das Pflegefachpersonal, sondern unterstützende Tätigkeiten wie Betreuungsassistenten oder Küchen- und Reinigungskräfte, sagte Pflegerats-Präsidentin Christine Volger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. In diesen Berufsgruppen herrsche "eine etwas geringe Impfquote". Einige dieser Beschäftigten überlegten, "den Job zu wechseln, wenn die Impfpflicht an ihrem Arbeitsplatz greift".

Ob es tatsächlich zu Kündigungen oder Entlassungen kommen wird, hängt vermutlich auch mit der möglichen Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab. Noch debattiert die deutsche Politik jedoch, ob diese kommen wird.

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