"Sonst wäre ich finanziell ruiniert": Ärztin beugt sich Urteil zu Werbeverbot für Abtreibungen

Das Urteil gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen Verstoßes gegen den umstrittenen Abtreibungsparagrafen 219a ist rechtskräftig, die Revision wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) verworfen. "Nun bin ich leider gezwungen, meine Informationen von der Webseite zu nehmen, sonst wäre ich am Ende finanziell ruiniert", schreibt Kristina Hänel wenig später auf Twitter. "20 Jahre lang habe ich so informiert, jetzt wird es geahndet."

Kristina Hänel kündigt Verfassungsbeschwerde an

Die 64-Jährige ergänzt trotzdem: "Alle Personen, die KEINE ABBRÜCHE MACHEN, dürfen über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Bitte tut das jetzt!" Eine Liste mit Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland vornehmen, finden Sie hier. Informationen zu den verschiedenen Abbruch-Methoden, lesen Sie hier.

Das OLG begründet seine Entscheidung wie folgt: Die Homepage der Medizinerin informiere nicht nur darüber, dass Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt würden, sondern enthalte auch ausführliche Informationen über das "Wie". Damit könne sie sich nicht auf die im Strafgesetzbuch geregelte Ausnahme berufen, hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung (Az. 1 Ss 96/20).

Hänel kündigte deswegen in einer Erklärung eine Verfassungsbeschwerde gegen die nicht anfechtbare Entscheidung an. "In anderen Ländern wie Irland, Argentinien, Südkorea werden die Gesetze liberalisiert, nirgends sonst gibt es einen Strafrechtsparagrafen, der sachliche Informationen verbietet", so Hänel über den Paragrafen 219a. Angesichts der großen Probleme, die die Corona-Pandemie mit sich bringe, scheine es "zunehmend absurder, an diesem unsäglichen Relikt festzuhalten". Im Interview mit der "Taz" betont die Ärztin: "Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich mache. Auch über die Frage, ob ich ins Gefängnis gehen würde, um etwas zum Guten zu verändern. Aber ich will keine Märtyrerin sein. Ich glaube, dass der Weg zum Bundesverfassungsgericht nun erstmal der richtige ist. Der ist jetzt frei."

Hazel Brugger


"Ich glaube nicht daran, dass es so etwas wie 'Frauenthemen' gibt"

 

Die Debatte um Paragraf 219a StGB

Kristina Hänel wurde bundesweit bekannt, weil sie eine Debatte über den Abtreibungsparagrafen 219a im Strafgesetzbuch angestoßen hat. Im März 2019 wurde der Paragraf abgeändert: Ärzte dürfen demnach zwar "auf die Tatsache hinweisen", dass sie Abtreibungen vornehmen, aber weiterhin nicht darauf, welche Methoden sie anwenden. 

Die Gießener Ärztin wurde im November 2017 vom Amtsgericht Gießen wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Landgericht Gießen verwarf ihre Berufung gegen dieses Urteil knapp ein Jahr später. Die hiergegen eingelegte Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Gericht. Dabei wurde auch auf eine veränderte Gesetzeslage verwiesen. Das Landgericht änderte daraufhin das angefochtene Urteil ab und verurteilte die Ärztin erneut zu einer Geldstrafe. Nun hat das OLG die gegen dieses Urteil eingelegte Revision verworfen.

Weitere Quellen: Twitter, Familienplanung.de, "Taz"

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