Ständiges Ohrensausen: Bei Tinnitus soll Neurofeedback-Training helfen

Tinnitus: Neuartige Behandlungsmöglichkeit wird erforscht

Millionen Menschen leiden an Tinnitus. In vielen Fällen gehen die lästigen Ohrgeräusche wieder von alleine weg. Doch manche Betroffene brauchen Hilfe. Dafür stehen verschiedene Tinnitus-Therapien zur Verfügung. Wissenschaftler wollen nun testen, ob auch ein Neurofeedback-Training helfen kann.

Millionen Deutsche leiden an Tinnitus

Der Deutschen Tinnitus-Liga zufolge kommt es jährlich bei zehn Millionen Erwachsenen zu Tinnitus. Andere Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass die Erkrankung bei zehn bis 20 Prozent der Bevölkerung auftritt. Meist sind die Beschwerden wie Ohrgeräusche und Ohrensausen nur vorübergehend. Doch Millionen Bundesbürger leiden an chronischem Tinnitus. Für Betroffene gibt es nun Hoffnung: Wissenschaftler testen, ob ein Neurofeedback-Training den Patienten helfen kann, die Belastungen durch Phantomgeräusche zu vermindern.

Ohrgeräusche können verschiedene Ursachen haben

Tinnitus-Ursachen können sehr unterschiedlich sein. Stress gehört zu den Hauptursachen für Ohrgeräusche.

Aber auch andere Faktoren, wie psychische Probleme oder bestimmte körperliche Erkrankungen, können das unangenehme Rauschen oder Klingeln in den Ohren auslösen.

„In 80 Prozent der Fälle geht der akute Tinnitus durch Behandlungen der jeweiligen Ursachen oder auch von alleine wieder weg. Das Ohrgeräusch kann also wieder völlig abklingen, es kann aber auch bleiben“, schreibt die Deutsche Tinnitus-Liga auf ihrer Webseite.

Gesundheitsexperten zufolge ist ein chronischer Tinnitus zwar nicht medikamentös heilbar, doch es gibt verschiedene Behandlungsmethoden, die den Umgang mit der Erkrankung erleichtern und den Patienten wieder mehr Lebensqualität geben.

Eine Arbeitsgruppe aus der Marburger Psychologie testet nun, ob auch ein Neurofeedback-Training dabei helfen kann.

Es gibt keine Heilung für Tinnitus

„Das Summen und Zischen in meinem Kopf ist immer da. Im Kino, beim Einkaufen, sogar, wenn ich schlafen gehe“, so Martin Jensen in einer Mitteilung der Philipps-Universität Marburg.

Der dänische Psychologe lebt seit sieben Jahren mit Tinnitus – und erforscht nun als Gastwissenschaftler in Marburg eine neue Methode, mit der die Belastungen durch Phantomgeräusche abgemildert werden sollen.

Wie in der Mitteilung erklärt wird, ist Tinnitus eine Störung der Hörfunktion, bei der Betroffene Geräusche wahrnehmen, die nicht auf ein äußeres Schallereignis zurückgehen: das berüchtigte Klingeln im Ohr.

„Leider gibt es derzeit keine Heilung für Tinnitus“, sagt die Psychologin Dr. Cornelia Weise von der Philipps-Universität, die das Forschungsprojekt leitet.

„Daher erforschen wir – wie eine wachsende Anzahl von Forschungsgruppen weltweit – neue Wege, um das Klingeln in den Ohren zum Schweigen zu bringen.“

Eine solche neuartige Behandlungsmöglichkeit bietet das Neurofeedback, dessen Wirkung das Marburger Team und ihre Kooperationspartner vom Forschungszentrum „Eriksholm Research Center“ nun erforschen.

„Tinnitus ist ein Phantomgeräusch“, erläutert Jensen; „das unaufhörliche Klingeln wird durch aktive Neuronen im Gehirn verursacht, obwohl objektiv kein Geräusch von außen vorhanden ist.“

Betroffene schauen ihrer eigenen Hirnaktivität zu

Beim Neurofeedback schauen die Betroffenen ihrer eigenen Hirnaktivität zu, die durch Elektroden auf der Kopfoberfläche aufgenommen und auf einem Bildschirm sichtbar gemacht wird.

Die Probanden trainieren dabei, Kontrolle über Gehirnprozesse zu erlangen, die unter normalen Umständen unwillkürlich ablaufen.

„Mit dem Neurofeedback hoffen wir, diejenige Aktivität im Gehirn zu reduzieren, die für die Erzeugung der anhaltenden Geräuschwahrnehmung verantwortlich ist“, so Jensen.

Das Klingeln im Ohr an sich zu vermindern, ist aber nur einer von mehreren Effekten, die das Forschungsteam mit dem Training zu erzielen hofft. Dieses soll zudem auch beeinflussen, wie die Betroffenen ihren Tinnitus wahrnehmen und bewerten.

„Manche Menschen leben gut mit Tinnitus und können ihn ignorieren, auch wenn er laut ist“, erläutert Weises Mitarbeiterin Eva Hüttenrauch; „andere mit kaum hörbarem Tinnitus hingegen haben große Schwierigkeiten, sich damit abzufinden.“

Schwerwiegende gesundheitliche Folgen

Die Unfähigkeit, den eigenen Tinnitus zu akzeptieren, kann zu schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen führen: etwa Schlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten oder Angstzustände. Doch warum wird die Störung mitunter als so belastend erlebt?

„Vermutlich spielen diejenigen Teile des Gehirns dafür eine bedeutsame Rolle, die für die Verarbeitung von Emotionen verantwortlich sind“, sagt Weise.

„Wir hoffen, dass wir mit dem Neurofeedback-Training dieses sogenannte Tinnitus-Belastungs-Netzwerk unterbrechen, damit die Betroffenen mit dem ständigen Rauschen im Kopf besser zurechtzukommen“, erklärt ihr Mitarbeiter Martin Jensen.

Neben Cornelia Weises Arbeitsgruppe und dem „Eriksholm Research Center“ beteiligt sich auch die Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Marburg an der Kooperation. (ad)

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