Warum Männer häufiger an Covid-19 sterben, aber Frauen länger leiden

Dem Coronavirus ist es egal, wen es infiziert. Bei der Covid-19-Erkrankung zeigen sich aber klare Geschlechter-Unterschiede: Männer landen öfter auf der Intensivstation, Frauen leiden verstärkt unter Long-Covid. Auch die Impfung hat eine Gender-Komponente.

Der Unterschied fiel den Ärzten schon in der ersten Welle der Sars-CoV-2-Infektionen vor einem Jahr auf: Sie hatte deutlich mehr Männer auf den Intensivstationen als Frauen. Das war erstaunlich, denn bei den nachgewiesenen Infektionen, lagen die Frauen in allen Altersgruppen gleich auf oder hatten sogar die Nase vorn. Die Männer wurden aber schwerer krank.

Das lässt sich für Deutschland anhand der beim Robert-Koch-Institut geführten Statistiken zeigen. Eine Metaanalyse, die im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht wurde, wies dieses Phänomen auch weltweit nach. Ein Mann zu sein, war für die Studienautoren ein Risikofaktor für einen schweren Krankheitsverlauf. Die Wahrscheinlichkeit für Männer, an Covid-19 zu sterben, erwies sich als 1,4-mal so hoch ist wie für Frauen.

Long-Covid trifft jüngere Frauen besonders häufig

Andererseits haben es Frauen möglicherweise schwerer, sich von einer Infektion zu erholen, sogar dann, wenn die Symptome gar nicht heftig waren. „Business Insider“ zitiert eine französische Studie, laut der 80 Prozent der Menschen, die auch acht Wochen nach der Infektion noch Symptome zeigten, Frauen waren. Mit einem durchschnittlichen Alter von rund 40 Jahren und ohne Vorerkrankungen waren sie auch wesentlich jünger und gesünder als die typischen Covid-Risikopatienten.

Auch Wissenschaftler vom King’s College London haben bei über 4000 mit Sars-CoV-2 infizierten Menschen aus Großbritannien, den USA und Schweden Langzeitfolgen beobachtet. Möglich wurde dies, weil diese Patienten von Beginn ihrer Infektion an ihr Befinden regelmäßig in einer App protokolliert hatten. Es zeigte sich: 13,3 Prozent der Patienten litten einen Monat nach Erkrankungsbeginn noch an Symptomen, drei Monate später waren es noch 2,3 Prozent. Auffällig auch hier: Bei den Frauen traten Long Covid in den jüngeren Altersgruppen mit 14,9 Prozent deutlich häufiger auf als bei den gleichaltrigen Männern mit 9,5 Prozent.

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Das sogenannte „Long Covid“ ist durch anhaltende Müdigkeit, Erschöpfung und Kurzatmigkeit gekennzeichnet. Auch Kopfschmerzen und neurologische Ausfälle, Herzprobleme, oder anhaltender Verlust oder Einschränkung der Geschmacks- und Riechsinne können auftreten. So vielfältig die Beeinträchtigungen sind, so wenig lässt sich deren Dauer vorhersagen.

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  • Covid-19: Männer sterben öfter, Frauen bleiben länger krank

    Sowohl die männliche Anfälligkeit als auch das weibliche Langzeitleiden haben einen gemeinsamen Ursprung im Immunsystem. Frauen scheinen eine stärkere T-Zellen-Reaktion auf das Virus zu entwickeln als Männer, was ihrem Immunsystem dabei hilft, das Virus zu identifizieren und zu zerstören.

    Eine übermäßige T-Zellen-Reaktion kann allerdings auch das Immunsystem dazu bringen, sich selbst anzugreifen. Frauen leiden daher öfter an Autoimmunerkrankungen wie Lupus, Morbus Crohn oder rheumatoider Arthritis. Patienten, die länger an Covid-19 erkranken, weisen häufig Merkmale des chronischen Erschöpfungssyndroms (CFS) auf – es wird ebenfalls den Autoimmunerkrankungen zugerechnet.

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    Viele Gene für das Immunsystem befinden sich auf dem X-Chromosom, das bei Frauen doppelt vorliegt. Wahrscheinlich ist dadurch die Steuerung des Immunsystems bei Frauen aktiver als bei Männern. Mediziner führen diese Besonderheit darauf zurück, dass das weibliche Immunsystem bei einer Schwangerschaft auch das Kind im Mutterleib schützen muss und deshalb stärker auf Eindringlinge reagieren soll.

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    Östrogen stärkt die Virenabwehr, Testosteron schwächt sie

    Das Immunsystem von Frauen kommt grundsätzlich besser mit Viren zurecht. Das weibliche Sexualhormon Östrogen verstärkt dabei die antivirale Reaktion der Immunzellen. Im Gegensatz dazu reagiert das männliche Immunsystem zu wenig, zu langsam oder gar nicht, wenn es mit dem Coronavirus in Kontakt kommt. Das liegt dann am männlichen Sexualhormon Testosteron, das die Immunantwort unterdrückt.

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    Schon im vergangenen Sommer hatten Forscher der Yale-Universität 98 Männer und Frauen mit ähnlich moderatem Krankheitsverlauf und einer vergleichbaren Virusmenge untersucht. Wie sich zeigte, reagiert das Immunsystem der Männer weniger kraftvoll als das der Frauen. Bei den weiblichen Patienten war schon zu Beginn der Infektion eine starke T-Zell-Reaktion erfolgt. T-Zellen können infizierte Zellen im Körper erkennen und abtöten, was eine weitere Vermehrung der Viren verhindert.

    Bei den Männern fiel die T-Zell-Antwort schwächer aus, was mit einer klinischen Verschlechterung einherging. Bei den Frauen signalisieren stark erhöhte Zytokinwerte, dass ein schwerer Krankheitsverlauf droht. Zytokine sind an der angeborenen Immunabwehr beteiligt. Ihre Aufgabe ist, eine Entzündungsreaktion auszulösen, die als erste Verteidigungslinie gegen Krankheitserreger dient. Überreagieren sie, droht der bei Covid-19 gefürchtete Zytokinsturm.

    • Lesetipp: Schwache T-Zell-Antwort lässt Männer schwerer an Covid-19 erkranken als Frauen

    Starkes Immunreaktion steht hinter seltener Impf-Nebenwirkung

    Eine heftige Reaktion des Immunsystems ist letztlich wohl auch der Grund für die Hirnvenenthrombosen, die mehrere jüngere Frauen nach der Impfung mit Astrazeneca erlitten haben. Forscher der Universität Greifswald wollen dem Zusammenhang auf die Spur gekommen sein. Bei den Betroffenen löste das Vakzin im Körper einen Prozess aus, der normalerweise zur Schließung von Wunden führt. Die körpereigene Abwehr hatten zuvor auch Forscher in Norwegen als Ursache für die Gerinnsel in Verdacht: Die durch eine starke Immunantwort entstehenden Antikörper docken an die Blutplättchen an und aktivieren diese für eine verstärkte Blutgerinnung.

    Bisher gibt es keinen abschließenden Nachweis dafür, dass die Impfung Ursache für die Zwischenfälle war. Möglich wäre zum Beispiel, dass bei den betroffenen Frauen Risikofaktoren für Thrombosen vorlagen und diese in Kombination mit der Impfung zu der sehr seltenen Nebenwirkung führten. Die zeitweise unterbrochene Astrazeneca-Impfung wird nun zumindest mit der Warnung versehen, dass sie in seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen bei Frauen unter 55 Jahren verursachen könnte.

    Thrombosen nach Astrazeneca-Impfung: Müssen sich junge Frauen Sorgen machen?

    FOCUS Online/Wochit Thrombosen nach Astrazeneca-Impfung: Müssen sich junge Frauen Sorgen machen?   

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