Wegen Coronavirus: Gemeinde Gangelt oder andere Orte abriegeln? Das sagen die Behörden

Das Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen hat am Donnerstagabend 14 neue Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 bestätigt. Damit erhöht sich die Zahl der Menschen, die vom Virus betroffen sind, in NRW auf 20.

Fast alle von ihnen kommen aus dem Ort Gangelt, einer 12.000 Einwohner-Gemeinde im Kreis Heinsberg an der Grenze zu den Niederlanden. In der Region stehen laut Nachrichtenagentur DPA inzwischen schätzungsweise mittlerweile rund 1000 Menschen unter 14-tägiger häuslicher Quarantäne. Besonders problematisch: Das Ehepaar aus Gangelt, bei dem das Virus zuerst nachgewiesen wurde, hatte die örtliche Karnevalssitzung mit 300 bis 400 weiteren Gästen besucht – und die Infektion so womöglich unwissentlich weitergetragen. Dazu haben die Behörden den „Patienten Null“, der den Ausbruch in NRW verursacht hat, noch nicht ausfindig gemacht.

Gemeinde Gangelt wegen Coronavirus abriegeln?

Was also tun? Die Gemeinde oder die betroffene Region nach italienischem Vorbild abzuriegeln, ist momentan kein Thema bei den Behörden. Das hatte Gesundheitsminister Jens Spahn erst am Montag klargestellt. „Bis zum kompletten Abriegeln ganzer Städte gibt es ja auch noch viele Zwischenstufen“, sagte der CDU-Politiker. Notwendig sei solch ein Schritt nicht. 

Dem pflichtete auch der Leiter des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, bei. Er sagte am Montag im ZDF-„Heute Journal“: „Quarantäne von ganzen Ortschaften kann ich mir in Deutschland nicht vorstellen.“ Die Menschen müssten dann mit Lebensmitteln und Wasser, aber auch mit ärztlicher Hilfe versorgt werden. Das sei in einem Quarantänegebiet sehr schwierig. Spahn betonte aber auch, dass konkrete Maßnahmen am besten vor Ort beurteilt und beschlossen werden sollten – und seit Montag hat sich viel verändert. 

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„Die Straßen sind menschenleer“

Am Donnerstagabend bezog der Landrat des Kreises Heinsberg in einer Sondersendung bei RTL Stellung zu einer potenziellen Komplett-Abriegelung: „Mann kann nicht das ganze öffentliche Leben zum Erliegen bringen, sonst haben wir auch ein Versorgungsproblem“, erklärte Stephan Pusch (CDU) während der Sitzung des dortigen Krisenstabs. So wäre zum Beispiel auch die Einstellung des Öffentlichen Personennahverkehrs „eine der letzten Maßnahmen“.

Wann indes die Schulen und Kindergärten wieder öffnen, sei noch nicht abschließend entschieden. Zahlreiche Veranstaltungen in der Region wurden laut „Aachener Zeitung“ bereits auch ohne behördliche Anordnung abgesagt. Ohnehin setzt der Landrat auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. „Die Straßen sind menschenleer. Ich glaube, nicht nur die Menschen in Quarantäne bleiben zu Hause, ich glaube, die anderen haben im Moment auch keine Lust, vor die Tür zu gehen.“ Und: „Ich stelle nicht jedem einen Polizisten vor die Tür.“

Normalerweise verbreitet sich das Virus über Tröpfchen, zum Beispiel, durch Anhusten, Anniesen oder das Berühren von belasteten Oberflächen und anschließendem Kontakt mit dem eigenen Mund, der Nase oder den Augen. Einige Vorsichtsmaßnahmen können helfen, die Wahrscheinlichkeit einer Infektion zu verringern. Dazu gehören:

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Dennoch: Die Abriegelung ganzer Gemeinden ist auch in Deutschland grundsätzlich möglich. „Wenn es erforderlich ist, können auch wichtige Grundrechte wie Freiheit der Person, Versammlungsfreiheit oder Unverletzlichkeit der Wohnung sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit eingeschränkt werden“, erklärte zum Beispiel ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums der DPA. Grundlage dafür ist das bundesweit gültige Infektionsschutzgesetz. Aber: „Immer gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip“, so der Bayreuther Staatsrechtler Stephan Rixen. „Die Maßnahmen dürfen nicht ins Blaue hinein getroffen werden, sie müssen personell, räumlich und zeitlich bestimmt und begrenzt sein.“

Die Äußerungen der Verantwortlichen und Experten machen deutlich: Abriegelungen von besonders von der Ausbreitung des Coronavirus betroffenen Ortschaften oder Regionen stehen zurzeit nicht an, können aber Ultima Ratio sein – und würden von den Gesundheits- und Sicherheitsbehörden durchgesetzt werden. Daran ließen Gesundheitsminister Spahn und Innenminister Seehofer (CSU) auf ihrer Pressekonferenz am Donnerstag keinen Zweifel.

Quellen: Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen, Kreis Heinsberg, ZDF-„Heute Journal“, RTL-Sondersendung, „Aachener Zeitung“, Infektionsschutzgesetz, Nachrichtenagentur DPA

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