Feinstaub gelangt in die Plazenta

Wenn Mütter während der Schwangerschaft Feinstaub einatmen, kann dieser über die Lunge in die Blutbahn und womöglich auch zum Fötus gelangen. Forscher der Hasselt Universität in Belgien haben Kohlenstoffpartikel auf der kindszugewandten Seite des Mutterkuchens nachgewiesen.

Die Wissenschaftler untersuchten nach der Entbindung das Plazentagewebe von zehn Müttern, die an einem Ort mit hoher Luftverschmutzung leben und verglichen es mit zehn Plazentaproben von Müttern, die in einem Gebiet mit geringerer Luftbelastung wohnen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie jetzt im Fachjournal „Nature Communications“.


Die Plazenta, auch Mutterkuchen genannt, ist das Gewebe in der Gebärmutter, das das ungeborene Kind mit lebenswichtigen Nährstoffen und Sauerstoff versorgt, während es im Mutterleib heranwächst. Sie besteht aus embryonalem und mütterlichem Gewebe. Die Plazenta dient auch dazu, mütterliches und kindliches Blut voneinander zu trennen. Als Gewebefilter ermöglicht oder verhindert die sogenannte Plazentaschranke, dass verschiedene im Blut gelöste Substanzen zum Fötus gelangen können.


Die Menge der Kohlenstoffpartikel in den Plazenten hing demnach messbar mit der Stärke der Luftverschmutzung zusammen, der die Mutter während der Schwangerschaft ausgesetzt war. Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass sich die Kohlenstoffpartikel bereits in der zwölften Schwangerschaftswoche im Mutterkuchen befinden. Dafür untersuchten sie das Gewebe von fünf Plazenten nach Fehlgeburten.

„Das ist die verletzlichste Phase des Lebens“, zitiert der britische „Guardian“ den Studienleiter Tim Nawrot. „Alle Organsysteme befinden sich in der Entwicklung.“ Um zukünftige Generationen zu schützen, müssten Regierungen dafür sorgen, die Luftverschmutzung zu verringern. Menschen sollten zudem vermeiden, sich in der Nähe von vielbefahrenen Straßen aufzuhalten.

Luftverschmutzung kann sich negativ auf Föten auswirken

„Wir wissen seit Langem, dass Umwelteinflüsse wie zum Beispiel Luftverschmutzung oder natürlich auch Zigarettenrauch einen Einfluss auf das Wachstum des Fötus haben“, sagt der Biologe Torsten Plösch von der Universitätsfrauenklinik in Groningen, der nicht an der Untersuchung beteiligt ist. Die Studie der belgischen Kollegen zeige nun erstmals, dass Kohlenstoffpartikel aus der Umwelt in die fötale Seite der Plazenta eindringen können. „Damit erweitert sich die Liste der Schadstoffe, die potenziell den Fötus schädigen können“, so Plösch.

Dass Luftverschmutzung die Entwicklung von Babys während der Schwangerschaft beeinflusst, haben bereits verschiedene Studien nahegelegt. Eine hohe Belastung mit Partikeln wie etwa Kohlenstoff, die durch Verbrennung entstehen, wird demnach mit einem geringeren Wachstum des Fötus, einem niedrigeren Geburtsgewicht und mit einem höheren Risiko für Fehlgeburten in Zusammenhang gebracht. Auch wirkt sich die Feinstaubbelastung auf die Lungenentwicklung und -funktion von Neugeborenen aus, wie Wissenschaftler vom Inselspital in Bern schon 2013 berichteten.

Die Erkenntnisse der belgischen Forscher sagen allerdings nichts über den gesundheitsschädlichen Einfluss der Partikel auf die Entwicklung der Ungeborenen aus. Es lässt sich lediglich ableiten, dass die Feinstaubpartikel die Funktion der Plazenta und damit indirekt das Wachstum des Fötus stören oder dass sie über die Plazenta in den Fötus gelangen könnten.

Denn die Wissenschaftler haben nicht im Nabelschnurblut – das vom Kind stammt – nach Feinstaubpartikeln gesucht. Auch liefern die Ergebnisse keine Hinweise darauf, ob die Partikel Interaktionen mit Zellen der Plazenta eingehen. Die Studie könne somit keinen direkten Beweis erbringen, so Plösch, dass die Kohlenstoffpartikel ursächlich für negative Langzeitfolgen seien: „Es ist aber mindestens zu vermuten, dass es ein weiterer Faktor in der langen Reihe von Schadstoffen ist, die wir in der Schwangerschaft vermeiden sollten.“

Feinstaub richtet nachweislich Schaden im Körper an

Europaweit gilt ein Grenzwert von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel für Feinstaubpartikel mit einer Größe von weniger als 2,5 Mikrometer (PM 2,5). In den USA liegt er deutlich niedriger, dort sind nur 10 Mikrogramm erlaubt, dies entspricht der Empfehlung der WHO.

Das Problem mit dem Feinstaub: Je kleiner die Partikel sind, desto weiter dringen sie in den Körper vor, wenn sie eingeatmet werden. Die ultrafeinen Partikel können in den Blutkreislauf übergehen und so im Prinzip sämtliche Körperregionen erreichen und dort Schaden anrichten.

Feinstaub reizt Atemwege und Schleimhäute, damit kann er Atemwegsprobleme wie Husten, Atemnot und Asthma entstehen lassen oder verstärken. Auch an der Entstehung von Lungenkrebs können die Partikel beteiligt sein. Wenn sie ins Blut gelangen, richten sie auch dort Schäden an, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Arterienverkalkung und Infarkte steigt.

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