Immer mehr psychische Erkrankungen wegen Corona: 4 Tipps, wie Betroffene an einen Therapieplatz kommen

Die Corona-Pandemie hat laut WHO zu einem Anstieg der psychischen Erkrankungen geführt. Eine Psychotherapie kann Betroffene mental effektiv unterstützen. Doch wie kommt man heutzutage – trotz erhöhter Nachfrage – an einen Therapieplatz? Wir nennen die besten Anlaufstellen.

Der neue Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur weltweiten mentalen Gesundheit zeigt: Die Corona-Pandemie hat zu einem starken Anstieg von psychischen Krankheiten geführt. Demnach seien die Fälle von Depressionen und Angststörungen weltweit allein im ersten Pandemiejahr um 25 Prozent gestiegen.

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Bereits vor der Pandemie haben fast eine Milliarde Menschen weltweit mit einer psychischen Krankheit gelebt, fast jeder achte Mensch war betroffen. Das psychische Leid ist dabei nicht nur akut problematisch, sondern kann sich auch langfristig schädlich auf die Gesundheit auswirken. Wie die WHO berichtet, sterben Menschen mit schweren psychischen Störungen in der Regel 10 bis 20 Jahre früher als die allgemeine Bevölkerung.

Psyche und Körper bilden eine Einheit

„Psychische Gesundheit geht mit körperlicher Gesundheit Hand in Hand“, betont WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Umso wichtiger ist demnach eine zeitnahe Behandlung der Erkrankungen, um potenziellen Langfristfolgen entgegenzuwirken.

Das Problem: Psychische Erkrankungen wurden – und werden teils immer noch – belächelt. Das Leid der Betroffenen war und ist für ihre Mitmenschen oftmals nicht nachvollziehbar, manche Betroffenen schämen sich deswegen für ihre Erkrankung. Die Folge: Sie verschweigen die Erkrankung und landen in einem stetigen Teufelskreis, aus dem es sich nur schwer allein ausbrechen lässt.

Mehr Akzeptanz für mentale Erkrankungen

Auch die WHO betont, dass die mentale Gesundheit bereits seit Jahrzehnten vernachlässigt werde. Alle Länder müssten demnach mehr tun, um Betroffenen zu helfen – denn nur wenn die Akzeptanz für psychische Störungen in der Gesellschaft zunehme, bleibe betroffenen Menschen ein oft langer Leidensweg erspart.

Die Zunahme psychischer Erkrankungen durch die Corona-Pandemie ist vor allem auf Einsamkeit, Isolation und Perspektivlosigkeit hinsichtlich der aktuellen Lage zurückzuführen, die mit den verhängten Maßnahmen in Form von Isolation und sozialer Einschränkungen einhergeht.

Ursprung psychischer Erkrankungen liegt oft in der Kindheit

Auch soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten, Kriege oder die Klimakrise seien Risiken, die zu psychischen Krankheiten beitragen betont die WHO. Entsprechende Ereignisse dienen zwar als Auslöser, stellen jedoch nicht die Ursache der Erkrankung dar. Der Ursprung psychischer Erkrankungen finde sich in der Regel in der Kindheit.

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Die WHO definiert eine psychische Krankheit als bedeutsame Störung der Wahrnehmung, der Emotionsregulation oder des Verhaltens einer Person, die in der Regel mit Stress oder Beeinträchtigungen in wichtigen Funktionsbereichen verbunden ist. Zu den häufigsten Krankheitsbildern gehören Angststörungen, Depressionen und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentengebrauch.

Wirksamkeit einer Psychotherapie

Neben Medikamenten stellen Psychotherapien die wichtigste Maßnahme in der Behandlung psychischer Erkrankungen dar. Dabei sind sie in der Regel wirksam – das belegen mehr als 80 Prozent von 250 Studien, wie der Deutschlandfunk berichtet.

Nur scheuen sich viele Betroffene davor, die vermeintlich ewige Suche nach einem Therapieplatz anzugehen. Schlechte Erreichbarkeit, mangelnde Therapieplätze oder lange Wartezeiten führen gerade anfangs zu Frust.

Der Barmer Arztreport 2020 zeigt, dass jeder dritte Patient mindestens einen Monat und jeder zehnte sogar mehr als drei Monate auf einen Therapieplatz warten muss. Die folgenden Tipps können Ihnen die Therapieplatzsuche dennoch erleichtern.

1. Vereinbaren Sie einen Termin zur ersten Beratung

Um sich von einem psychologischen Psychotherapeuten beraten zu lassen, brauchen Sie zunächst keine Überweisung vom Hausarzt. Über Suchmaschinen wie therapie.de können Sie einen ersten Termin zur sogenannten psychotherapeutischen Sprechstunde vereinbaren. Hier werden Beschwerden erörtert und mögliche Behandlungsoptionen geklärt. Auch die bundesweite Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung kann Ihnen innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einer Psychotherapeutin in deiner Nähe vermitteln.

In der Regel finden bis zu sechs Sprechstundentermine mit jeweils 25 Minuten statt, bevor die eigentliche Psychotherapie beginnt. Hat der beratene Psychotherapeut aktuell keinen freien Platz zur weiteren Behandlung zur Verfügung, können Sie nun nach einer Anschlussstelle suchen. Folgende Portale können Ihnen dabei helfen:

  • Therapie.de
  • Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung
  • Die Psychotherapeutenliste der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung
  • Die Kassenärztlichen Vereinigungen und regionalen Psychotherapeutenkammern

2. Schätzen Sie den Dringlichkeitsgrad ein

Keine Frage: Jede psychische Erkrankung sollte professionell behandelt werden. Dennoch sollten Sie sich selbst hinterfragen, wie akut Ihre aktuelle Lage ist. Für den Fall einer Krisensituation bietet sich eine Akutbehandlung an. Sie dient der unmittelbaren Stabilisierung und Entlastung der Situation und umfasst in der Regel zwölf Sitzungen mit jeweils 50 Minuten. Die Platzvergabe erfolgt über eine Terminservicestelle innerhalb von zwei Wochen und muss nicht erst bei der Krankenkasse beantragt werden.

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Folgende Voraussetzungen müssen Sie für eine Akutbehandlung erfüllen:

  • Eine schriftliche Empfehlung eines Psychotherapeuten
  • Einen Besuch beim Facharzt, um körperliche Ursachen ausschließen zu können

3. Bei langen Wartezeiten: Digitale Psychotherapie

Seit drei Jahren gibt es mittlerweile die Möglichkeit der Digitalen Psychotherapie. Sie erweist sich vor allem für den Übergang und bei Wartezeiten als hilfreich.  Auf therapie.de finden Sie im Bereich „Erweiterte Suche und Tipps” die Filter-Option „Online-Beratung“. Auch Apps können Wartezeiten erleichtern: Je nachdem bei welcher Krankenkasse Sie versichert sind, gibt es unterschiedliche Anwendungen, die kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

4. Sie warten länger als drei Monate: Psychotherapie per Kostenerstattung

„Unzumutbar lange Wartezeiten bei Kassentherapeuten sind ein Systemversagen und ermöglichen es Kassenpatienten, sich selbst Behandlungsalternativen zu suchen und die Übernahme der für diese Behandlung anfallenden Kosten vorab bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse zu beantragen“, das schreibt das Online-Portal therapie.de.

Durch das sogenannte Kostenerstattungsverfahrens können Sie sich die Kosten für einen (privaten) Therapieplatz auch als gesetzlich krankenversicherter bei Ihrer Krankenkasse zurückerstatten lassen. Dieser Anspruch ist in § 13 Absatz 3 SGB V gesetzlich geregelt und gilt gegenüber allen gesetzlichen Krankenkassen. Wichtig ist jedoch, dass der Patient beim Kostenerstattungsverfahren belegen muss, dass er sich vergeblich bemüht hat, einen Therapieplatz bei einem niedergelassenen Therapeuten mit Kassensitz zu finden.

Weitere Voraussetzungen für die Kostenerstattung sind folgende:

  • Es muss nachgewiesen werden, dass Sie dringend eine Psychotherapie benötigen und keinen Therapieplatz mit einer zumutbaren Wartezeit und in einer zumutbaren Entfernung zum Wohnort bei einem Psychotherapeuten mit Kassenzulassung gefunden haben. Eine Dringlichkeits- oder Notwendigkeitsbescheinigung kann vom Hausarzt oder nach dem Erstgespräch vom Kostenerstattungstherapeuten ausgestellt werden.
  • Der Antrag auf Kostenerstattung muss immer vor Beginn der Psychotherapie und von Ihnen selbst gestellt werden.
  • Die Krankenkassen müssen spätestens drei Wochen nach Eingang über einen Antrag auf Leistungen entschieden haben. Ist eine gutachterliche Stellungnahme erforderlich, verlängert sich diese Frist auf fünf Wochen. Lässt die GKV diese Fristen ohne vorherige schriftliche Mitteilung einer Begründung verstreichen, gilt der Kostenübernahmeantrag als genehmigt.

Tipps zur Antragstellung der Bundespsychotherapeutenkammer

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