Betreiberin setzt sich durch: Fünf Kitas in Essen nehmen nur noch geimpfte Kinder auf

In Essen führen fünf Kitas die Impfpflicht ein. Die Betreiberin hat mehrere Jahre dafür gekämpft – jetzt konnte sie alle Eltern überzeugen.

Viele glückliche Kinder tummeln sich in der „Kinderkiste“ und den vier privaten Schwester-Kitas – Mumps, Rötel und Masern haben da keinen Platz. Die Betreiberin Jutta Behrwind hat nämlich eine verbindliche Impfpflicht eingeführt. „Das wird Vertragsbestandteil“, sagte Behrwind der „WAZ“. Ab jetzt nimmt sie nämlich nur mehr geimpfte Kinder auf. Eltern werden schon bei der Anmeldung über das stadtweite Vergabesystem „Little Bird“ über die Vorschrift informiert.

Der Weg zur Impflicht war alles andere als einfach: Behrwind wollte schließlich erst alle Eltern davon überzeugen. Nach vier Jahren der Uneinigkeit haben letztlich alle Elternräte zugestimmt.

Auch Rebecca Eggling, Tagesmutter und Sprecherin der Interessengemeinschaft (IG) Tagespflege praktiziert die Impfpflicht. "Wir haben Sorge, dass sich die betreuten Kinder oder die schwangeren Mütter anstecken, mit denen wir regelmäßig in Kontakt sind“, erklärt Eggling.

Doch unter den 400 Mitgliedern der IG sprechen sich nicht alle für die Impfpflicht aus. Eggling berichtete der "Waz", dass es auch Kolleginnen gebe, die die Impfbereitschaft nicht als Kriterium für die Platzvergabe betrachten würden und die Entscheidung den Eltern selbst überließen. „Wir können aus unserem Selbstverständnis heraus keine Impfpflicht einführen, da es dies bundesweit auch nicht gibt. Es gilt ja weiterhin die Selbstbestimmung der Eltern“, sagte Bernd Lösken, Gebietsleiter beim katholischen Kita-Zweckverband, der 265 Kitas im gesamten Ruhr-Bistum betreibt.

Auch die AWO Ruhr-Mitte hält nichts von einer Impfpflicht für ihre Kitas. „In die Selbstbestimmung der Eltern greifen wir nicht ein“, sagte Gerrit Plein, stellvertretender Leiter des Kindergartenwerks, der "Waz". Selbst wenn es zu einer bundesweiten Impfpflicht käme, wären Kitas nicht in der Kontrollpflicht, so Plein. „Als Wohlfahrtsverband und Träger sollte es nicht unsere Aufgabe sein, eine Impfpflicht zu überwachen. Das kann wenn überhaupt nur Aufgabe der öffentlichen Hand sein.“, erklärte er.

Kommt jetzt die bundesweite Impfpflicht?

In Frankreich, Italien und weiteren elf EU-Staaten gilt eine bundesweite Impfpflicht. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland spricht sich ebenfalls für ein solches Gesetz aus. Präsident Thomas Fischbach erklärte gegenüber der „Waz“, dass eine Impfpflicht nötig sei, um Masern und Röteln auszurotten. Damit eine Krankheit nicht ausbrechen könne, müsste 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sein.

Viele Menschen würden das Impfen laut Fischbach jedoch vergessen oder es aus ideologischen Gründen ablehnen. Mit fatalen Folgen: Ungeimpft seien Kinder lebensgefährlichen Krankheiten ausgesetzt. "Sie gefährden auch andere Menschen, zum Beispiel Säuglinge und Kleinkinder, die noch nicht geimpft werden konnten, aber auch Erwachsene, die aus Ländern zu uns kommen, in denen nicht gründlich geimpft wird. Menschen sterben an Krankheiten, die längst ausgerottet wären, wenn sich alle Eltern gleichermaßen verantwortungsbewusst verhalten würden“, so Fischbach weiter.

Impfgegner befürchten bleibende Schäden

Doch diese Meinung teilen nicht alle Vertreter der Fachwelt. „Eine Impfpflicht würde mehr schaden als nützen“, sagte die Sprecherin des Robert-Koch-Instituts, Susanne Glasmacher der Zeitung. „Mit Zwang erreichen Sie nur, dass Gegendruck entsteht.“ Das größte Problem sei die Nachlässigkeit der Eltern: Demnach könnten 96 Prozent der Kinder bei der Einschulung keine Masern-Mumps-Rötel-Impfung vorweisen. Impfung

Die zweite, für den Erhalt des Schutzes sehr wichtige Impfung hätten nur 93 Prozent der Kinder. Auch bei den Erwachsenen seien die Zahlen nicht besser: Mehr als 40 Prozent der 18- bis 44-Jährigen fehle laut Informationen der Zeitung der vollständige Schutz gegen Masern.

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