Landkreis Bautzen ist an der Grenze: Drohen härtere Corona-Maßnahmen?

Zehn Tage nach dem Teil-Lockdown ist das Infektionsgeschehen im Landkreis Bautzen immer noch nicht gestoppt. In Pflegeheimen und Krankenhäusern wird das Personal knapp. Nun wird über eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen diskutiert.

Der Hilferuf kam via Internet: „Trjebamy nuznje pomoc“ – „Wir brauchen dringend Hilfe“ – postete die Leitung des Caritas-Pflegeheims St. Ludmilla in Crostwitz auf Sorbisch kürzlich in den sozialen Netzwerken. Das Dorf zwischen Bautzen und Kamenz gehört wie viele andere sorbische Gemeinden zu den lokalen Corona-Hotspots. „Von unseren 30 Mitarbeitern in der Pflege sind derzeit zehn Personen an Covid-19 erkrankt. Das Gesundheitsamt hat alle getestet. Wir warten auf die Antwort“, sagt Heimleiterin Monika Wenzel. Auch von den 62 Heimbewohnern seien einige erkrankt.

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Bautzen: Inzidenzwert von mehr als 300

Droht angesichts der weiter steigenden Infektionszahlen nun eine Verschärfung der Corona-Auflagen im Kreis? Landrat Michael Harig (CDU) kündigte an, noch am Wochenende mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) über schärfere Maßnahmen für besonders betroffene Gebiete zu diskutieren. Auch Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) will dabei sein. Denkbar sind laut Harig Ausgangsbeschränkungen oder auch ein stärkerer Schutz von Risikogruppen. Schulen und Kitas sollen aber geöffnet bleiben.

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Der Landkreis Bautzen zählt nach wie vor mit einem Inzidenzwert von weit mehr als 300 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern in sieben Tagen zu den am stärksten betroffenen Kreisen in Deutschland. Mehr als 2000 Menschen sind derzeit dort mit dem Coronavirus infiziert. Auch die Situation in den örtlichen Kliniken wird immer prekärer, zudem sind viele Pflegeheime betroffen.

Eingeschlichen hat sich das Virus im Crostwitzer Pflegeheim Anfang der zweiten November-Woche. „Tag für Tag kamen seitdem immer weitere Infizierte dazu“, sagt Wenzel. Parallel mit dieser Entwicklung steigt auch der Arbeitsaufwand für die Pflegekräfte, denn in die Zimmer mit den Covid-19-Erkrankten dürfen die Mitarbeiter nur in „Vollvermummung“. Dazu wurde im abgetrennten Corona-Wohnbereich alles auf Zimmerversorgung umgestellt. Das bedeutet nicht nur mehr Zeitaufwand für die Pfleger, wenn zum Beispiel jeder einzeln sein Essen bekommt, sondern vor allem auch Vereinsamung der Betreuten.

Gottesdienste in Bautzen Ursache für angespannte Lage?

Umso gerührter ist das Team rund um Wenzel darüber, welche Resonanz es auf den Aufruf gab. „Andere Pflegeheime wollen Fachkräfte zur Verfügung stellen, Ruheständler haben sich genauso wie Freunde mit anderen Berufen gemeldet, die ihr Wochenende zur Verfügung stellen.“ Warum gerade im sorbischen Siedlungsgebiet die Corona-Zahlen so steigen? Ein Grund könne sein, dass sorbische Familien oft in mehreren Generationen auf einem Hof wohnen würden, so Wenzel.

Eine andere Ursache könnten Gottesdienste sein. Es ist erst seit dem 2. November vorgeschrieben, dass alle Besucher während der Gottesdienste eine Maske tragen müssen. Domowina-Vorsitzender Dawid Statnik veröffentlichte kürzlich ein Statement mit den Worten: „In Anbetracht der exponentiell gestiegenen Ansteckungszahlen in den vergangenen Wochen müssen wir uns selbstkritisch fragen, ob unsere Formen der Begegnung unter diesen Umständen Menschen und der Gesellschaft Schaden zugefügt haben“. Die Domowina als der Bund Lausitzer Sorben ist ein Sprachrohr der slawischen Minderheit.

Unverständnis äußert Heimleiterin Wenzel auch über die Gegner der Corona-Maßnahmen. „Wir sind hier an der Grenze“, sagt sie. Gegen die „Maskenverweigerer“ geht der Landkreis Bautzen seit etwa einer Woche rigoros vor. Aus mehreren Geschäften in Bautzen sind in den vergangenen Tagen die Zettel verschwunden, die Passanten aufforderten, auch ohne Mund-Nase-Bedeckung das Geschäft zu betreten. Die Ladeninhaber rechtfertigten die Aufforderung zum Gesetzesverstoß mit wirtschaftlichen Gründen.

Corona-Lage bleibt weiterhin ernst

Der sächsische Corona-Bußgeldkatalog lässt indes keine Spielräume. Wer Kunden ohne Maske in den Laden lässt, zahlt 500 Euro – und auch der Kunde selbst wird zur Kasse gebeten. In Bautzen wurden durch das Ordnungsamt vier Geschäfte kontrolliert und ein Bußgeldbescheid wurde erlassen. Auch auf der Reichenstraße – in der Fußgängerzone wurde Anfang November die Maskenpflicht angeordnet – wurden Passanten ohne Maske zur Verantwortung gezogen. Denn die Lage bleibt ernst.

dpa Soldaten der Bundeswehr helfen in einer Außenstelle des Gesundheitsamtes bei der Corona-Kontaktverfolgung.  

Die Zahl der Neuinfektionen habe sich zwar etwas nach unten bewegt, aber seit zwei Tagen gebe es wieder mehr tägliche Neuinfektionen, die nicht auf einzelne Hotspots, sondern ein breites Infektionsgeschehen zurückzuführen sind, heißt es aus dem Landratsamt. Zum Infektionsgeschehen tragen aktuell einige Pflegeheime und Anlagen für betreutes Wohnen mit zahlreichen Fällen bei. Auch die Verwaltung ist inzwischen ausgedünnt, so wurde etwa die Amtsärztin positiv auf Covid-19 getestet, Landrat Harig ist in Quarantäne.

Besonders prekär entwickelt sich die Situation in den Kliniken östlich von Dresden. Wie der Landkreis Görlitz hat nun Bautzen die Hilfe der Bundeswehr in der Pflege für die Krankenhäuser in Kamenz und Bautzen beantragt. Im Nachbarlandkreis sind seit Mittwoch 100 ausgebildete Sanitätskräfte der Bundeswehr in den beiden Krankenhäusern in Görlitz sowie in Niesky, Zittau und Ebersbach im Einsatz.

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