Wie sich low-dose Glucocorticoide auf Gewicht und Blutdruck auswirken

Sorgen um eine Gewichtszunahme oder einen Blutdruckanstieg können Hemmnisse für eine Therapie mit Glucocorticoiden sein. Doch eine Auswertung mehrerer Studien bei Patienten mit rheumatoider Arthritis zeigt nun, dass sich eine zweijährige, niedrig dosierte Behandlung mit Prednisolon und Co. nur geringfügig auf diese beiden Endpunkte auswirkt. Andere Nebenwirkungen scheinen dagegen für eine Therapieentscheidung deutlich relevanter zu sein.

Glucocorticoide verringern die Krankheitsaktivität bei rheumatoider Arthritis. Dieser erwünschten Wirkung stehen unerwünschte gegenüber, die vor allem bei der Gabe höherer Dosierungen und einer längeren Therapiedauer auftreten können. Aus Beobachtungsstudien gibt es unter anderem Hin­weise auf eine potenzielle Blutdrucksteigerung und Gewichtszunahme – beides Prädiktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen. Da dieser Studientyp häufig mit Störfaktoren behaftet ist, nahm eine internationale Studiengruppe eine gepoolte Analyse mehrerer randomisierter kontrollierter Studien vor [1].

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Ausgewertet wurden fünf Studien mit Verum- und Kontrollgruppen, die in zwölf europäischen Ländern durchgeführt worden waren. Die Probanden waren im Schnitt 61,4 Jahre alt, litten unter rheumatoider Arthritis und hatten höchstens einmal täglich 7,5 mg Prednison (bzw. ein entsprechendes Äquivalent) oder eine Kontrolltherapie (Placebo oder eine Kontrollmedikation) erhalten. In allen Studien durften die Teilnehmer gleichzeitig mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika behandelt werden. Primäre Studien­endpunkte waren Gewichts- und Blutdruckveränderungen nach zwei Jahren.

Körpergewicht steigt leicht, Blutdruck bleibt konstant

Insgesamt lagen die Daten von 1112 Probanden vor, davon 548 aus Verum- und 564 aus Kontrollgruppen. Teil­nehmer beider Kollektive legten über den Studienzeitraum an Gewicht zu, unter der Glucocorticoid-Einnahme waren es durchschnittlich 1,8 kg, in der Kontrollgruppe 0,7 kg. Die Differenz betrug demnach 1,1 kg (95%-Konfidenzintervall = 0,4 bis 1,8) und war statistisch signifikant (p < 0,001). Der mittlere arterielle Blutdruck war über zwei Jahre in beiden Gruppen um rund 2 mmHg gestiegen – ein statistisch signifikanter Unterschied konnte hierbei nicht beobachtet werden. Diese Ergebnisse waren auch in Subgruppen­analysen konsistent und galten auch für Risikopatienten, die zu Studien­beginn übergewichtig waren oder einen zu hohen Blutdruck aufwiesen.

Die Studienautoren resümieren, dass eine niedrig dosierte Glucocorticoid-Therapie über zwei Jahre bei Patienten mit rheumatoider Arthritis zwar das Gewicht um etwa 1 kg erhöht, aber nicht den Blutdruck steigert.

Fokus mehr auf andere Nebenwirkungen legen

Die Charité Berlin, von der mehrere Forscher an der Studie beteiligt waren, veröffentlichte eine Stellungnahme zu der Studie [2]. Darin wird erläutert, dass Glucocorticoide in der Therapie der rheumatoiden Arthritis zwar wirksam sind, in Leitlinien jedoch aufgrund von Nebenwirkungen von einem längeren Gebrauch abgeraten wird (s. Kasten „Was sagt die Leitlinie?“). Jedoch würden 30 bis 50 % der Rheumapatienten entgegen aktueller Empfehlungen auch zwei Jahre nach Diagnose noch Glucocorticoide einnehmen. Die Datenlage zu Nebenwirkungen einer Low-Dose-Therapie mit Glucocorticoiden war bislang gering. 

Studienleiter Prof. Dr. Frank Buttgereit stellt klar, dass die neuen Ergebnisse den Leitlinien nicht widersprechen, da Glucocorticoide auch mit anderen schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Osteoporose, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einer Neigung zu Infektionen assoziiert sind. Aber für viele Rheumapatienten und deren Ärzte sei die Sorge vor einem Blutdruckanstieg und einer Gewichtszunahme ein wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen eine Glucocorticoid-Therapie. Das sollte jedoch nicht sein, weil beide Effekte keine große Relevanz haben. Stattdessen sollte sich die Entscheidungsfindung eher auf andere Nebenwirkungen fokussieren.

Was sagt die Leitlinie?

In der S3-Leitlinie „Management der frühen rheumatoiden Arthritis“ wird empfohlen, zu Beginn und bis zum Wirkeintritt einer Therapie mit konventionellen synthetischen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (csDMARD) Glucocorticoide mit einer Start­dosis von maximal 30 mg Prednisolon-Äquivalent einzusetzen. Die Glucocorticoide dienen hierbei zur schnellen Symptomlinderung. Ihre Dosierung soll innerhalb von acht Wochen in den Low-Dose-Bereich (≤ 7,5mg/d Prednisolon) gesenkt werden. Nach drei bis sechs Monaten soll die Glucocorticoid-Therapie beendet werden, um unerwünschte Langzeitwirkungen zu vermeiden [3].

Literatur

[1] Palmowski A et al. The Effect of Low Dose Glucocorticoids Over Two Years on Weight and Blood Pressure in Rheumatoid Arthritis: Individual Patient Data from Five Randomized Trials. Ann Intern Med 2023, doi: 10.7326/M23-0192.

[2] Weniger Nebenwirkungen als befürchtet: Kortison in niedrigen Dosen – Charité-Studie untersucht schwach dosierte Glukokortikoide bei rheumatoider Arthritis. Pressemitteilung der Charité Berlin vom 15. August 2023; www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/weniger_nebenwirkungen_als_befuerchtet_kortison_in_niedrigen_dosen/

[3] Management der frühen rheumatoiden Arthritis. S3-Leitlinie unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften, AWMF-Registernr.: 060-002, Stand: 18. Dezember 2019


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