Zu viel Arbeit, zu wenige Mitarbeiter – Gesundheitsreport zeigt, wie krank Personalnot macht

Die To-Do-Liste wird immer länger, mit den abzuarbeitenden Aufgaben auf dem Schreibtisch kann bereits Jenga gespielt werden und weit und breit niemand, der einem zumindest einen Teil der Arbeitslast abnehmen kann? Auf Dauer schlaucht Personalmangel nicht nur, er kann auch krank machen. Ein aktueller DAK-Gesundheitsreport zeigt, wie gravierend das Problem Personalnot für die Gesundheit der Betroffenen ist.

Was macht das chronische Arbeiten über die Belastungsgrenze mit den Betroffenen? Eine aktuelle Stressstudie der Techniker Krankenkasse kam zu dem Ergebnis, dass für fast zwei von drei Menschen in Deutschland Stress nichts Unbekanntes ist. Sie erfahren ihn mindestens gelegentlich, mehr als jeder Vierte sogar häufig. Als Stressfaktor Nummer eins nannten die Befragten das Berufsleben, allen voran ein Zuviel an Arbeit.

Dauerhafte Überbelastung schadet

Zu viel Arbeit für zu wenige Menschen ist kein seltenes Phänomen, wie die Ergebnisse des neuen DAK-Gesundheitsreport bestätigt. Es wurden die Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten analysiert sowie 7000 erwerbstätige Frauen und Männer befragt. Laut der Krankenkasse berichteten beinahe die Hälfte der Befragten (45 Prozent) davon, regelmäßig von Personalmangel betroffen zu sein. In vielen Bereichen ist die Lage noch prekärer. Demnach gaben drei Viertel der Krankenpflegekräfte an, ihre Arbeit mit dem vorhandenen Personal nur unter großen Anstrengungen zu schaffen, 65 Prozent der Altenpflegerinnen und -pfleger bestätigten dies.

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Je mehr Lebenszeit für Arbeit draufgeht, desto weniger bleibt für Privates, für Familie, Hobbys, Sport. Die Work-Life-Balance ist aus dem Lot. Das Arbeiten an oder sogar über die Belastungsgrenze hinaus plus fehlende Erholung auf Dauer, ist Gift für die Gesundheit. Der Körper ist in Alarmbereitschaft. Ist er es ständig, kann das zu psychischen wie körperlichen Erkrankungen führen. Stress ist kein Ausnahmephänomen, für viele ist er die Regel.

Das statistische Bundesamt wollte 2022 genauer wissen, aus welchen Gründen sich Menschen am Arbeitsplatz am ehesten erschöpft fühlen. Mehr als die Hälfte der Befragten nannten damals erhöhten Leistungsdruck als Hauptgrund, gefolgt von Zeitdruck und zu viel Arbeit. Ergebnisse, die der DAK-Report nun unterfüttert. So berichteten die Befragten ebenfalls von starkem Termin- und Leistungsdruck. Viele erlauben es sich demnach nicht einmal, Pausen zu machen und arbeiten auch dann noch weiter, wenn sie längst Feierabend haben.

Personalmangel und Krankenstand bedingen sich

Die Folge: jeder zweite Betroffene klagte darüber, häufig oder sehr häufig müde und erschöpft zu sein. Etwa jeder Dritte leidet unter Schlafstörungen, etwa jeder Vierte berichtet von Schmerzen wie Kopfschmerzen. Unterm Strich führt die Überbelastung bei Berufsgruppen mit den größten Fachkräftelücken einen um bis zu 1,5 Prozentpunkte erhöhten Krankenstand gegenüber dem Berufe-Durchschnitt und ist mit bis zu sieben Prozent überdurchschnittlich hoch. Atemwegserkrankungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen sowie psychische Erkrankungen waren die drei häufigsten Gründe für krankheitsbedingte Arbeitsausfälle. 

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Und das obwohl die Tendenz zum Präsentismus gerade bei denen, die extreme Personalnot erleben, stark ausgeprägt ist. So haben 70 Prozent der Beschäftigten in Branchen mit regelmäßigem Personalmangel in den vergangenen zwölf Monaten sogar dann gearbeitet, wenn sie krank waren. Zum Vergleich: in Bereichen ohne Personalmangel waren es 41 Prozent. 

Kommt zum bestehenden Personalmangel auch noch ein hoher Krankenstand, spitzt sich die Situation weiter zu. "Man kann von einem Teufelskreis sprechen. Hohe Fehlzeiten und Personalmangel bedingen einander und verstärken sich jeweils in den Effekten", so Professor Volker Nürnberg, der die Entstehung des DAK-Gesundheitsreports begleitet hat. Den höchsten Krankenstand laut Report hatten 2022 Erwerbstätige in der Altenpflege (7 Prozent). Bei den Beschäftigten in der Fahrzeugführung, der Kinderbetreuung und im Maschinenbau waren es 6,8 Prozent, in der Krankenpflege 6,1 Prozent.

Die belastende Arbeitssituation führt dazu, dass beinahe jeder fünfte Befragte darüber nachdenkt, die Arbeitszeit zu reduzieren. Etwa jeder sechste hat das bereits getan. Auffällig viele Beschäftigte in den Feldern Krankenpflege, Altenpflege und Kinderbetreuung haben bereits Stunden reduziert oder erwägen es. Damit beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn wird reduziert, wo es kaum noch etwas zu reduzieren gibt, steigt die Personalnot – und damit wächst der Druck in diesen Berufsfeldern weiter.

Quelle: DAK-Gesundheitsreport,Techniker Krankenkasse, Statista

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