Fehlbildungen bei Babys geben Gesundheitsexperten Rätsel auf

Babys, denen eine Hand oder gar ein ganzer Arm fehlt – in Frankreich kamen in den vergangenen Jahren mindestens 25 Neugeborene mit einer solchen Fehlbildung auf die Welt. Das Seltsame: 18 davon wurden allein im Departement Ain im Osten Frankreichs geboren. Eine ungewöhnliche Häufung, deren Ursachen die französischen Behörden nun untersuchen will.

Laut der Epidemiologin Emmanuelle Amar sei den Müttern der fehlgebildeten Kinder eines gemeinsam: Sie alle lebten auf dem Land in der Nähe von Feldern, auf denen Getreide und Sonnenblumen angebaut würden. Eine mögliche Ursache für die Behinderungen der Kinder könnte demnach ein Umweltfaktor sein, räumte auch die zuständige Gesundheitsministerin Agnès Buzyn ein. „Vielleicht liegt es daran, was diese Frauen gegessen, getrunken oder eingeatmet haben.“

Die Untersuchung sei kompliziert: „Wir müssen die Geschichte der Familien in Fällen untersuchen, die manchmal zehn Jahre oder länger zurückliegen“, sagt Buzyn. Erste Ergebnisse sollen bis Ende Januar, ein vollständiger Bericht bis Juni vorliegen.

Manche Fälle sind schon seit Jahren bekannt

Wie die Gesundheitsbehörde mitteilte, hatte sie erst kürzlich elf zusätzliche Fälle aus den Jahren 2000 bis 2014 ausgemacht, die im Department Ain auftraten. Zuvor waren von dort bereits sieben Fehlbildungen bei Neugeborenen zwischen 2009 und 2014 gemeldet worden.

Zudem sind vier Fälle in der Bretagne-Region Morbihan zwischen 2011 und 2013 und drei weitere in der benachbarten Region Loire-Atlantique 2007 und 2008 bekannt. Ain und Morbihan liegen mehrere Hundert Kilometer auseinander.

Gegenüber dem Deutschlandfunk beklagte die Epidemiologin Amar, dass der Staat sich erst jetzt mit den Ursachen befasst. Sie leitet das französische regionale Register für vorgeburtliche Fehlbildungen in Lyon. In dieser Funktion habe sie bereits 2011 mehrere Fälle aus Ain an die Gesundheitsbehörde gemeldet. Daraufhin geschah jedoch nichts.

Auch Tiere könnten betroffen sein

Eine separate Untersuchung der Behörden soll nun auch Berichten nachgehen, wonach Kälber und möglicherweise auch Hühner ohne Gliedmaßen in den gleichen drei stark landwirtschaftlich genutzten Gebieten geboren wurden. Umweltschützer vermuten Pestizide als Ursache.

Krankenhausstatistiken besagen, dass Fehlbildungen an den Gliedmaßen in Frankreich bei etwa 1,7 Kindern pro 10.000 Geburten auftreten. Das sind etwa 150 Neugeborene jährlich. Die Ursachen sind vielfältig. Sie reichen von Gendefekten über die Einnahme von Medikamenten oder Drogen während der Schwangerschaft bis hin zu Giftstoffen, denen die Mutter ausgesetzt war. Das Ungewöhnliche im vorliegenden Fall ist die regionale Häufung und dass die Kinder alle die gleiche körperliche Behinderung aufweisen.

In den Fünfziger- und Sechzigerjahren waren bis zu 12.000 Babys weltweit mit schweren Fehlbildungen zur Welt gekommen, deren Mütter während der Schwangerschaft ein Schlafmittel mit dem Wirkstoff Thalidomid – bekannt unter den Markennamen Contergan und Softenon – eingenommen hatten. Als Konsequenz aus dem Skandal wurde in Frankreich das oben erwähnte Register für die Erfassung von Geburtsdefekten gegründet.

Quelle: Den ganzen Artikel lesen