Pillen für die Lust



Behandlung von Potenzstörungen: Medikamente gegen erektile Dysfunktion sind billig wie nie. Doch sie haben auch Nebenwirkungen und nicht Jeder sollte sie nehmen

Moderne Wirkstoffe sollen auch bei Potenzproblemen spontanen Sex ermöglichen

Wollte Mann Sex, konnte aber nicht, gab es lange Zeit nur zwei halbwegs wirksame Hilfen: eine umständlich zu hand­habende Vakuumpumpe oder unangenehme Injektionen in den Penis. Entsprechend groß war die Freude über eine kleine blaue, rautenförmige Tablette, die 1998 auf den Markt kam. Endlich hatten Männer mit Potenzproblemen eine diskrete und wirk­same Behandlungsmöglichkeit.

Die Einnahme von PDE-5-Hemmern, wie die Wirkstoffklasse genannt wird, hat sich rasch als Standardtherapie bei erektiler Dysfunktion etabliert. ­Einen großen Nachteil brachten die Medikamente jedoch mit sich: Sie waren teuer. Rund 15 Euro kostete eine einzige Tablette – für viele betroffene Männer kaum erschwinglich.

Sex spontan möglich

Das hat sich in den vergangenen Jahren nahezu schlagartig geändert. Bereits 2015 verlor der Viagra-Wirkstoff Sildenafil seinen Patentschutz, im November 2017 folgte das als "Wochenend-Pille" bekannt gewordene Tadalafil. Weil nun auch andere Hersteller Präparate mit diesen Inhaltsstoffen anbieten, sanken die Preise für die Arzneien um bis zu 60 Prozent.

Das eröffnet betroffenen Männern zudem eine neue Behandlungsoption. "Tadalafil ist länger wirksam und in niedriger Dosierung zur täglichen Dauertherapie zugelassen", erklärt Dr. Christian Leiber, Leiter der Sektion Andrologie an der Uniklinik Freiburg. Das ermögliche jederzeit eine sexuelle Aktivität, ohne vorab zu planen. Die übrigen PDE-5-Hemmer müssen dagegen bis zu eine halbe Stunde vor dem Geschlechtsverkehr angewendet werden.

Training für die Schwellkörper

Leiber vermutet, dass eine regelmä­ßige Einnahme auch die üblichen und meist unbemerkten nächtlichen Erek­tionen unterstütze. "Das ist dann eine Art Training für das Schwellkörpersystem", erklärt der Experte.

Profitieren könnten zudem Patienten mit einer gutartigen Prostatavergrößerung, die nicht auf die üblichen Medikamente aus der Gruppe der Alpha­blocker ansprechen oder sie nicht vertragen. Leiber: "Tadalafil hat bei diesen Patienten auch einen posi­tiven Einfluss auf das Wasserlassen."

Keine Wunderpillen

Wunderpillen sind PDE-5-Hemmer aber keineswegs. Bei Diabetikern mit Störungen an Nerven und Gefäßen bleibt die medikamentöse Therapie häufig unwirksam. Auch bei Prostatakrebs-Patienten nach einer radikalen OP oder nach Bestrahlungen schlagen die Tabletten meist nicht an. Und wenn der Testosteronspiegel zu niedrig ist, entfalten die PDE-5-Hemmer oft ebenfalls keine ausreichenden Effekte. Der Arzt kann den Spiegel des Hormons vorab im Blut messen.

"Eine ärztliche Diagnostik ist generell unverzichtbar, um zu prüfen, ob der Patient geeignet ist, solche Medikamente einzunehmen, ob er weiß, wie die Therapie funktioniert und worauf er zu achten hat", sagt Leiber.

Potenz deutet aufs Herz

Das gilt besonders für Herzpatienten. Sie müssen zum Beispiel sehr vorsichtig sein, wenn sie zugleich Nitrate einnehmen. Denn in Verbindung mit PDE-5-Hemmern kann der Blutdruck stark abfallen. Allen, die auf die Medikamente verzichten müssen, rät Androloge Leiber: "Eine Lebensstil­­änderung mit Gewichtsreduktion, sportlicher Betätigung und Rauchverzicht wirkt oft genauso gut wie die PDE-5-Hemmer."

Auch Professorin Sabine Kliesch von der Deutschen Gesellschaft für Urologie betont, dass Erektionsstörungen stets ärztlich behandelt werden müssen: "Letztlich geht es um Patienten mit einer überwiegend organischen Störung, hinter der sich andere ernste Erkrankungen verbergen können." Potenzprobleme seien Frühwarnsymp­tome für Herz-Kreislauf-Erkrankungen:

Warnsignal Erektionsstörung

Die Risikofaktoren für Erektionsstörungen sind mit denen von Herz- Kreislauf-Erkrankungen identisch.

Die Penisarterien haben einen inneren Durchmesser von etwa ein bis zwei Millimetern, die größeren Herzkranzgefäße von etwa vier bis fünf Millimetern. Symptome treten dann auf, wenn ein Gefäß mindestens zu 50 Prozent verschlossen ist.

Das bedeutet, dass beim Auftreten von Erektionsstörungen die Herzkranzgefäße womöglich bereits zu einem Drittel verschlossen sind. "Es gibt sehr gute Untersuchungen, die belegen, dass Erektionsstörungen den kardialen Ereignissen wie Herz­infarkt und Schlaganfall etwa drei bis fünf Jahre vorausgehen", sagt Dr. Christian Leiber.

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