Kassen mit einer Milliarde Euro im Minus

Ein Defizit von 17 Milliarden Euro hatte man im Herbst vergangenen Jahres für 2023 erwartet – nun stehen die 96 Krankenkassen zum Ende des dritten Quartals mit einem überschaubaren Minus von rund einer Milliarde Euro da. Die Kassen selbst sorgen für einen beachtlichen Sparbeitrag, aber auch der Anstieg der Arzneimittelausgaben konnte durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz deutlich abgeschwächt werden.

Wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) am Freitag mitteilt, haben die 96 gesetzlichen Krankenkassen im 1. bis 3. Quartal 2023 ein Defizit von rund einer Milliarde Euro verbucht. Wären die Kassen mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz nicht verpflichtet worden, ihre Finanzreserven abzuschmelzen und an den Gesundheitsfonds abzuführen, hätten sie sogar schwarze Zahlen aufgewiesen. Laut BMG würde der Überschuss dann bei rund 900 Millionen Euro liegen. Auch wenn nun kräftig abgeschmolzen wurde: Zum Ende der ersten neun Monate 2023 lagen die Finanzreserven der Krankenkassen mit 9,3 Milliarden Euro bzw. rund 0,4 Monatsausgaben weiterhin beim Zweifachen der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht sein viel gescholtenes Spargesetz aus dem vergangenen Herbst bestätigt: Die Kennzahlen zeigten, dass es gelungen sei, die Finanzsituation der GKV zu stabilisieren. „Ohne das Gesetz wäre ein Defizit von 17 Milliarden Euro zu erwarten gewesen. Jetzt sind die Haushalte weitgehend ausgeglichen.“ Der Minister betonte erneut: „Ziel unserer Politik bleibt es, die Qualität der medizinischen Versorgung für die Patientinnen und Patienten zu verbessern ohne Leistungskürzungen für den Bürger.“

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Konkret lagen die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in den ersten drei Quartalen bei 227,2 Milliarden Euro – ihnen standen Ausgaben in Höhe von 228,1 Milliarden Euro gegenüber. Die Ausgaben für Verwaltungskosten verzeichneten einen Zuwachs von 4,9 Prozent, Leistungskosten stiegen um 5,2 Prozent. Im gleichen Zeitraum wuchs die Versichertenanzahl in der GKV um ein Prozent auf 74,2 Millionen. 

Inflationsdruck und höher Einsparungen durch gesetzliche Rabatte

Was die steigenden Leistungsausgaben betrifft, verweist das BMG auf den Inflationsdruck, der sich „im Gesundheitswesen zunehmend auch in den regelhaften Vergütungsanpassungen in den verschiedenen Leistungsbereichen nieder(schlage)“. Die Apotheken würden sich sicher freuen, wenn das so wäre. Doch sie müssen bekanntlich seit Februar sogar einen höheren Abschlag an die Kassen zahlen – zwei Jahre lang sind 2 Euro statt 1,77 Euro pro Rx-Packung fällig. Im ersten Halbjahr 2023 haben die Apotheken ausweislich der vorläufigen Rechnungsergebnisse mehr als 650 Millionen Euro dieser gesetzlichen Rabatte abgeführt (für die ersten drei Quartale liegen diese detaillierten Ergebnisse noch nicht vor) – im Halbjahr des Vorjahres waren es knapp 563 Millionen Euro.

2,5 Prozent mehr für Arzneimittel

Die Aufwendungen für die Versorgung mit Arzneimitteln sind infolge des Spargesetzes in den ersten neun Monaten 2023 auch nur um 2,5 Prozent gestiegen – auf 36,5 Milliarden Euro. Hier macht sich vor allem die befristete Erhöhung des gesetzlichen Herstellerabschlags bemerkbar. Die Rabattvertragseinsparungen dürften ebenfalls weiter steigen – auch wenn dazu ebenfalls erst absolute Zahlen fürs erste Halbjahr vorliegen (knapp 2,8 Milliarden Euro).

Und wie sieht es in den anderen Leistungsbereichen aus? Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen, die mit 32 Prozent der Gesamtausgaben den größten Kostenblock darstellen, wuchsen um 6,9 Prozent. Ursächlich für die im Vergleich zu den vergangenen Jahren hohe Veränderungsrate ist laut BMG die Kombination aus einer sehr dynamischen Preiskomponente, steigenden Fallzahlen sowie erneut stark gestiegenen Ausgaben für Pflegepersonalkosten. Zudem sei ein sehr hoher Ausgabenanstieg von fast 14 Prozent für stationär psychiatrische Krankenhausleistungen zu beobachten.

Die Ausgaben der GKV für ambulant-ärztliche Behandlungen stiegen lediglich um 1,1 Prozent. Bei der Interpretation der Veränderungsrate sei aber zu berücksichtigen, dass Abrechnungsdaten für den betrachteten Zeitraum noch nicht oder nur teilweise vorliegen – man arbeitet hier also mit Schätzungen. Dämpfend auf die Ausgabenrate wirken laut BMG unter anderem der deutliche Rückgang von Corona-spezifischen Abrechnungsziffern (z.B. Testungen).

Stark gestiegen, wenn auch auf viel geringerem Niveau, sind die Ausgaben für Schutzimpfungen mit 15,9 Prozent, für häusliche Krankenpflege mit 12,9 Prozent sowie für Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen mit 9,6 Prozent. Bei den Impfungen sei die starke Wachstumsrate insbesondere auf die Ausgaben für die Abgabe von Impfstoffen gegen Gürtelrose und FSME zurückzuführen.

Die vorläufigen Finanzergebnisse der GKV für das Jahr 2023 werden Ende Februar 2024, die endgültigen Finanzergebnisse der GKV Mitte Juni 2024 vorliegen.


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