Sind Apotheken in NRW besonders betroffen?

Nach aktuellen Informationen trifft die Insolvenz des Rechenzentrums AvP rund 2.900 Apotheken in Deutschland. Hinzu kommen Krankenhausapotheken, Ambulanzen und sonstige Leistungserbringer. Durch den Unternehmenssitz der AvP Deutschland GmbH in Düsseldorf stellt sich die Frage, ob es vor allem die Apotheken in Nordrhein-Westfalen sind, die derzeit auf ihre Abrechnungsgelder warten und mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen haben. Den Apothekerverbänden im bevölkerungsreichsten Bundesland liegen nun erste Zahlen vor. Außerdem ist ein umfangreiches FAQ veröffentlicht worden.

Die Apothekerverbänden reagieren sehr unterschiedlich auf die AvP-Pleite. Thomas Dittrich beispielsweise, Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbands und Bewerber um das Amt des Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands, berichtete im Live-Talk auf DAZ.online von der prekären Situation, in der sich die Apotheken in seinem Bundesland seit der Insolvenz des Rechenzentrums AvP befinden. Nach bisherigen Informationen seien 93 Mitglieder des Verbands betroffen. Dies entspreche 13 Prozent der Mitglieder. Nach einer Umfrage schätzt der Verband die derzeit offenen Zahlungen auf fast 20 Millionen Euro für die Apotheken in Sachsen. Im Live-Talk beschrieb Dittrich ausführlich die intensiven Kontakte des Sächsischen Apothekerverbands zur Politik auf Landesebene. Der Verband habe sofort nach Bekanntwerden des Insolvenzantrags das Landesgesundheitsministerium informiert. Die Apothekerverbände arbeiteten auch auf der Bundesebene zusammen. Neun Verbände hätten gemeinsam eine spezialisierte Anwaltskanzlei beauftragt, insbesondere für die Kommunikation mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter.

Abrechnungsdienstleister

AvP-Insolvenz

Thomas Dittrich im Live-Talk

AvP-Kunden in Sachsen fehlen fast 20 Millionen Euro

Auch aus Nordrhein-Westfalen kommen nun erste Informationen, mit denen das Ausmaß des AvP-Desasters im bevölkerungsreichsten Bundesland vorläufig beziffert werden kann. Im Gespräch mit DAZ.online erläuterte Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, dass man durch Umfragen und Mitgliederrückmeldungen derzeit von rund 1.000 Apotheken ausgeht. Durchschnittlich gehe es um 175.000 Euro je Betriebsstätte. Hochgerechnet ergebe dies also ungefähr 175 Millionen Euro, die im Bereich des Apothekerverbands Nordrhein den Apotheken fehlen würden. 5 Prozent der Apotheken sind demnach von der Insolvenz direkt betroffen.

Ein Sprecher des Apothekerverbands Westfalen-Lippe teilte mit, dass sich 68 Mitglieder auf die Umfrage vom Verband zurückgemeldet hätten. Demnach sind im Nordosten des Bundeslands 94 Apotheken betroffen, 20 Millionen Euro würden fehlen. Insgesamt wären es also rund 200 Millionen Euro, die den Apotheken in NRW nach vorläufigen Schätzungen fehlen.

Doch der Apothekerverband Westfalen-Lippe mahnt, diese ersten Zahlen mit Vorsicht zu genießen. Man rechnet in der Geschäftsstelle in Münster offenbar mit weitaus mehr Betroffenen, die sich jedoch noch nicht gemeldet haben. Rein rechnerisch müsste von den 2.900 AvP-Kunden rund die Hälfte aus NRW stammen, davon ein Drittel aus Westfalen-Lippe und zwei Drittel aus Nordrhein, erklärt der Sprecher. Die Apothekerverbände in NRW erhoffen sich also konkretere Rückmeldungen ihrer Mitglieder.

Um auf die große Flut an Anfragen, die seit Wochen auf die Kammern und Verbände einprasseln, adäquat zu reagieren, hat der Apothekerverband Nordrhein nun ein umfangreiches FAQ erstellt, das den Mitgliedern im internen Online-Portal bereitgestellt wird. Gemeinsam mit der Kanzlei Glade Michel Wirtz, die den Verband in den Gesprächen mit dem Insolvenzberater beraten und begleitet hat, soll so über den aktuellen Sachstand informiert werden.

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