Spahn will weitreichende Austauschmöglichkeiten für Apotheker

Ende März hatten sich der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband auf eine Zusatzvereinbarung zum Rahmenvertrag geeinigt, die die Patientenkontakte in Apotheken während der SARS-CoV-2-Pandemie verringern helfen soll. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will den Apotheken nun noch viel weiterreichende Befugnisse einräumen. So soll beispielsweise auch die Abgabe einer anderen Wirkstärke ohne Arztrücksprache möglich sein, wenn das verordnete Arzneimittel nicht verfügbar ist.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plant eine Verordnung mit zahlreichen Ausnahmen und Ergänzungen zu den bestehenden Regelungen des SGB V, des Apothekengesetzes, der Apothekenbetriebsordnung, der Arzneimittelpreisverordnung, der Arzneimittelverschreibungsverordnung, des Betäubungsmittelgesetzes und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Diese sogenannte SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung soll dazu beitragen, die Arzneimittelversorgung auch in Pandemiezeiten aufrechtzuerhalten, zugleich aber die Kontakte von Patienten mit Apotheken und Arztpraxen zu verringern. Dafür muss in dieser Ausnahmesituation das Wirtschaftlichkeitsgebot zurücktreten.

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Der Referentenentwurf für die Verordnung auf Grundlage des Bevölkerungsschutzgesetzes sieht unter anderem vor, sozialrechtliche Vorgaben anzupassen. Insbesondere sollen den Apotheken in den Fällen, in denen ein verordnetes Arzneimittel in der Apotheke nicht verfügbar oder nicht lieferbar ist, weitgehende Befugnisse für einen Austausch eingeräumt werden. Diese gehen sogar weit über das hinaus, was Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband kürzlich vereinbart hatten. So dürften etwa nach ärztlicher Rücksprache auch Arzneimittel abgegeben werden, die nicht wirkstoffgleich sind, sondern nur pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar. Auch ein Aut-idem-Kreuz müsste nicht mehr beachtet werden. Und Packungsgrößen und Stärken könnten sogar ohne Rücksprache mit dem Arzt geändert werden. Teilmengen einer Packung können ebenfalls abgegeben werden. 

Von diesen neuen Optionen ausgenommen bleiben allerdings Arzneimittel zur Substitutionstherapie opioidabhängiger Menschen – hier soll nur die Teilmengenregelung möglich sein. 

Konkret sieht der Verordnungsentwurf, der heute noch von den betroffenen Verbänden kommentiert werden kann, Folgendes vor:

§ 1 Abs. 4 des Referententwurfs für eine SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung:

„Abweichend von § 129 Absatz 1 und 2 dürfen Apotheken in den Fällen, in denen das verordnete Arzneimittel nicht verfügbar ist, an den Versicherten ein in der Apotheke verfügbares oder an die Apotheke lieferbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben. Sofern nach Satz 1 weder das verordnete noch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel verfügbar ist, dürfen Apotheken nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel an den Versicherten abgeben. Satz 2 gilt auch für den Fall, dass der verordnende Arzt den Austausch des Arzneimittels ausgeschlossen hat. In den Fällen nach Satz 1 bis 3 dürfen Apotheken ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung abweichen im Hinblick auf:

1. die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung definierten Messzahl,

2. die Packungsanzahl,

3. die Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen und

4. die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen,

sofern die verordnete Gesamtmenge des Arzneimittels nicht überschritten wird. Im Falle der Verschreibung von Betäubungsmitteln nach § 5 Absatz 6 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (Substitutionsmittel) findet Absatz 4 Satz 2 Nummer 1, 2 und 4 keine Anwendung.“

Sofern Teilmengen entnommen werden, stellt eine Änderung in der Arzneimittelpreisverordnung klar, dass für jede Teilmenge der Festzuschlag und somit die Beratungsleistung, der Arzneimittelpreis jedoch nur ein Mal abgerechnet werden kann.

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