Studie: Impfschutz gegen neue Corona-Varianten lässt schnell nach

Die Omikron-Varianten BA.1 und BA.2, die in Deutschland von Dezember bis April das Infektionsgeschehen beherrschten, können bereits nach drei Monaten den Schutz vor einer Sars-CoV-2-Infektion unterlaufen, den Impfungen oder eine überstandene Infektion bieten. Das ist das Ergebnis einer Studie unter Federführung des Universitätsklinikums Frankfurt und der Goethe-Universität.

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Ein Forschungsteam um Marek Widera und Sandra Ciesek hat in einer Studie also untersucht, wie lange Antikörper, die das Immunsystem nach einer Impfung oder überstandener Infektion zum Schutz bildet, die Virusvarianten BA.1 und BA.2 neutralisieren können. Die Wissenschaftler:innen sammelten dazu Blutproben von Menschen, die zweifach oder dreifach geimpft waren. Sie brachten das Blutserum, welches Antikörper enthält, mit Sars-CoV-2-Viren zusammen und beobachteten, wie viele Zellen infiziert wurden.

Das Ergebnis: Ein halbes Jahr nach der zweiten Impfung hatten die getesteten Seren praktisch keine neutralisierende Wirkung mehr auf die Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2. Kurz nach der Booster-Impfung war die Schutzwirkung noch sehr hoch, drei Monate später bot der Piks kaum noch Schutz: Die Mehrheit der getesteten Seren war nicht mehr in der Lage, die beiden Virusvarianten zu neutralisieren.

Impfungen schützen auch bei Omikron vor schweren Verläufen

Auch das Robert Koch-Institut (RKI), das die Wirksamkeit von Impfungen im "Living Sytematic Review" untersucht, zeichnet ein ähnliches Bild bei der Wirksamkeit der Impfstoffe vor Omikron. Eine Grundimmunisierung biete gegenüber einer asymptomatischen oder milden Corona-Erkrankung durch die Omikron-Variante nur einen geringen Schutz und die Wirksamkeit lasse mit der Zeit deutlich nach. "Erste Daten lassen auch nach Auffrischimpfung einen nachlassenden Schutz vor (symptomatischer) Infektion über die Zeit vermuten", heißt es beim RKI. Vor schweren Erkrankungen biete die Impfung weiterhin einen guten Schutz.

Im Februar veröffentlichte Daten aus Südafrika zeigen, dass die Impfstoffe mit Blick auf die Behandlung im Krankenhaus eine gute Schutzwirkung vor Omikron haben: Eine zweifache Impfung schützt zu 70 Prozent vor einer Hospitalisierung. Eine andere Untersuchung zeigt, dass der Schutz nach einer Booster-Impfung vor schweren Verläufen über sieben Monate anhielt.

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Neue Corona-Varianten umgehen Abwehr

Warum die Omikron-Varianten den Immunschutz nach so kurzer Zeit umgehen können, hat mehrere Gründe. Der Frankfurter Forscher Marek Widera erklärt zu den Studienergebnissen: "Dass BA.1 und BA.2 schon nach drei Monaten den Immunschutz umgehen können, liegt daran, dass der Antikörpertiter im Serum – sozusagen die Menge der Antikörper – nach einer Impfung oder Infektion im Laufe der Zeit abnimmt."

Das ist nicht nur in den Blutseren der Untersuchung so. Auch in unseren Körpern lässt die Zahl der Antikörper nach einer Infektion oder Impfung mit der Zeit nach. Das Immunsystem schaltet sozusagen in den Energiesparmodus. Statt immer weiter und weiter eine riesige Zahl an Antikörpern zu bilden, setzt die Abwehr auf spezielle Antikörper (B-Zellen), die darauf trainiert sind, das Virus wieder zu erkennen. So können sie blitzschnell bei einem erneuten Kontakt mit dem Virus reagieren. Die körpereigene Immunabwehr hängt aber nicht nur von der Zahl der Antikörper ab. Wichtig sind zum Beispiel auch die T-Zellen.

Doch die neuen Omikron-Varianten werden immer besser darin, Immunflucht zu begehen. Sie können also die körpereigene Abwehr umgehen. Der Grund: Die Antikörper können das Coronavirus nicht so gut erkennen. Denn: Die Omikron-Subvarianten BA.1 und BA.2 unterscheiden sich im genetischen Bauplan des Spike-Proteins voneinander und anderen Varianten des Coronavirus. Das Spike-Protein ist der Part des Virus, mit dem es an menschliche Zellen andockt. Kurz gesagt: Die Omikron-Viren BA.1 und BA.2 sehen anders aus als die ursprüngliche Variante des Coronavirus, auf dem die Impfstoffe basieren und unterscheiden sich auch von der ursprünglichen Omikron-Variante.

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Wirksamkeit von Antikörperpräparaten hängt stark von Variante ab

Das Forschungsteam in Frankfurt hat auch die Wirksamkeit von drei Antikörperpräparaten gegenüber Omikron BA.1 und BA.2 untersucht. Solche Mittel können Menschen mit einem geschwächten Immunsystem vorbeugend gegeben werden. Dies wird gemacht, weil Menschen mit Immunschwäche in manchen Fällen durch eine Impfung nicht genügend Antikörper bilden. Virologin Sandra Ciesek erklärt: "Wir haben beispielhaft drei solcher monoklonalen Antikörper im Labor untersucht und gesehen, dass ihre Wirksamkeit sehr stark von der Virusvariante abhängt. Damit wir vulnerable Patientinnen und Patienten mit solchen Präparaten schützen können, ist es daher dringend erforderlich auch am Patienten zu testen, inwieweit solche Antikörper aktuell verbreitete Virusvarianten neutralisieren können."

In Deutschland seien die Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 zwar inzwischen nicht mehr dominant, doch die Studienergebnisse würden untermauern, dass "wir nicht darin nachlassen dürfen, unsere Schutzmaßnahmen an die genetischen Veränderungen des Sars-CoV-2-Virus anzupassen, derzeit also an die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5", sagt die Virologin.

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